Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 295
Als Akquisitionsfinanzierung wird die Finanzierung des Erwerbs von Anteilen und/oder Vermögensgegenständen einer Zielgesellschaft durch einen Investor – meist durch die Zwischenschaltung einer Zweckgesellschaft – verstanden. Zur Unternehmensfinanzierung kann sie also immer dann eingesetzt werden, wenn Wachstumskapital zur Ausweitung der operativen Möglichkeiten des Unternehmens oder zur Erschließung neuer Geschäftsbereiche oder Abnehmerkreise gefragt ist.
In der Praxis zeichnet sich die Finanzierung und Transaktionsgestaltung einer Akquisition durch speziell auf die wirtschaftliche Situation des Zielunternehmens und des Erwerbers abgestimmte Konzepte aus.
Rz. 296
Ein Erwerber kann den Kaufpreis einer Akquisition grds. aus drei verschiedenen Quellen finanzieren:
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aus freiem Cash-Flow der erwerbenden Gesellschaft, |
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aus Eigen- oder Fremdkapital über die Bilanz der erwerbenden Gesellschaft, |
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aus Eigen- oder Fremdkapital über die Bilanz der Zielgesellschaft. |
Rz. 297
Wird das Fremdkapital durch hochverzinsliche Anleihen (High Yield Bonds) am Kapitalmarkt aufgenommen oder durch Kredite zur Verfügung gestellt, spricht man von einem Leveraged Buy-Out (LBO). Die Begriffe Akquisitionsfinanzierung und LBO werden häufig synonym gebraucht.
Wird das Management der Zielgesellschaft an diesem beteiligt, so spricht man auch von einem Management Buy-Out (MBO). Erwerben hingegen externe Führungskräfte ein Unternehmen oder werden sie zumindest an diesem beteiligt, so spricht man von Management Buy-In (MBI).
Rz. 298
Zur Strukturierung der Transaktion gründen die Investoren regelmäßig eigens eine Gesellschaft für den Erwerb der Zielgesellschaft (Zweckgesellschaft). Dazu wird in der deutschen Praxis i.d.R. eine Kapitalgesellschaft, meist eine GmbH, verwendet. Die Risiken der Transaktion sollen so allein in dieser Zweckgesellschaft konzentriert werden. Die Zweckgesellschaft schließt dann mit der finanzierenden Bank einen Darlehensvertrag und übernimmt die Gesellschaftsanteile der Zielgesellschaft. Der Unternehmenskauf durch die Erwerbergruppe erfolgt indirekt. Bei einem LBO erhalten die Banken von den Investoren typischerweise keine Sicherheiten. Die Zweckgesellschaft verfügt regelmäßig über keine weiteren Aktiva neben der Beteiligung an der Zielgesellschaft. Für die Finanzierung steht neben dem begrenzten Eigenkapitalanteil ausschließlich das Vermögen der Zielgesellschaft zur Verfügung. Dabei sind zwei Optionen der Bestellung von Sicherheiten denkbar:
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Verpfändung der Gesellschaftsanteile an der Zielgesellschaft durch die Zweckgesellschaft, |
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die Zielgesellschaft kann Sicherheiten ihrer Aktiva für das finanzierende Kreditinstitut stellen (Upstream Guarantees). |
Rz. 299
Für eine Akquisitionsfinanzierung sind grds. Zielunternehmen mit den nachfolgenden Eigenschaften besonders geeignet:
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gute Eigenkapitalbasis, niedrige Verschuldung, |
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ausreichend unbelastetes Vermögen steht als Sicherheit zur Verfügung, |
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qualifiziertes und erfahrenes Management, welches nach der Übernahme im Unternehmen verbleibt, |
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gutes Marktpotenzial der Produkte und |
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der zu erwartende Cash-Flow während der Laufzeit des Darlehens ist ausreichend (auch hier werden daher bei der Kreditprüfung häufig im Bereich der Projektfinanzierung übliche Prüfungselemente verwendet). |
Rz. 300
Aus Sicht des erwerbenden Unternehmens hat Unternehmenswachstum mithilfe einer Akquisitionsfinanzierung insb. folgende Vorteile:
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Über den Leverage-Effekt (Hebelwirkung) des Fremdkapitals kann das Unternehmen seine Eigenkapitalrendite erhöhen. |
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Die Finanzierungsform besitzt aufgrund der Mischung der verschiedenen Kapitalformen (unterschiedliche Arten von Fremd- und Eigenkapital) ein hohes Maß an Flexibilität. Sie kann daher individuell auf die Bedürfnisse des erwerbenden Unternehmens abgestimmt werden. |
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Das vom Unternehmen einzugehende Risiko ist begrenzt, da alle Risiken der Transaktion in einer Zweckgesellschaft konzentriert werden können und das Unternehmen typischerweise selbst keine Sicherheiten stellt. Es droht mithin im schlimmsten Fall nur der Verlust des eingesetzten Eigenkapitals. |
In der Vergangenheit hat es hier oftmals Fehlentwicklungen mit schwerwiegenden Folgen gegeben. Insb. führte der Bieterwettbewerb unter Private Equity-Investoren um begehrte Zielunternehmen häufig zu einer Überreizung der Möglichkeiten i.R.d. Fremdkapitalaufnahme. Nicht zuletzt, um dem verkaufenden Unternehmer bei eigenen ambitionierten Renditevorstellungen des Private Equity-Unternehmers einen hohen Kaufpreis bieten zu können, wurden dem Zielunternehmen i.R.d. Akquisitionsfinanzierung vielfach deutlich zu hohe Fremdkapitalverbindlichkeiten aufgebürdet, die dieses letztlich nicht mehr bedienen konnte. Eine Unternehmenskrise und/oder die Insolvenz waren die Folge.