Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 317
Das Nachrangdarlehen ist ein Finanzierungsinstrument, mit dem Fremdkapital von Kreditinstituten, Gesellschaftern oder sonstigen institutionellen Anlegern zur Verfügung gestellt wird. Prägend ist nicht die für gesellschaftsrechtliche Beziehungen typische Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes. Rechtlich handelt es sich vielmehr um einen Austauschvertrag zur Wahrnehmung jeweils eigener Interessen von Darlehensgeber und Darlehensnehmer.
Das Nachrangdarlehen stellt die häufigste Form der Mezzanine-Finanzierung dar. Es bietet ein klassisches, relativ einfach zu handhabendes Instrument, das v.a. zur Vermeidung oder Abwendung von Überschuldungssituationen, aber auch zur Wachstumsfinanzierung bei entsprechend guter wirtschaftlicher Situation des zu finanzierenden Unternehmens eingesetzt wird.
Rz. 318
In wirtschaftlicher Hinsicht kann das Nachrangdarlehen uneingeschränkt als Kapital mit eigenkapitalähnlicher Funktion ausgestaltet werden. Eine Bilanzierung als echtes Eigenkapital ist hingegen nicht möglich.
Die Vergütung des Kapitalgebers kann grds. flexibel vereinbart werden. Beschränkungen ergeben sich allerdings bei der AG, wenn eine gewinnabhängige Vergütungskomponente vereinbart werden soll (hierzu unter Rdn 324). Innerhalb der Grenzen allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Einschränkungen und des Eigenkapitalersatzrechts bietet das Nachrangdarlehen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem können die Finanzierungskosten vom zu finanzierenden Unternehmen als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden.
(1) Eigenkapitalfunktion
Rz. 319
Beim Nachrangdarlehen tritt der Darlehensgeber im Rang hinter die Forderungen bestimmter Dritter zurück. Dabei wird ein sog. tiefer Rangrücktritt hinter die Forderungen aller Gläubiger i.d.R. nur dann vereinbart, wenn dies zur Vermeidung einer Überschuldungssituation notwendig ist. Oftmals wird er als Wahlrecht ausgestattet, das bei Eintritt der Überschuldung ausgeübt werden kann. Im Regelfall reicht der Rangrücktritt hinter die Forderungen bestimmter erstrangiger Darlehensgeber (auch Senior-Debt-Darlehensgeber genannt) aus.
Dabei ist nach einer Entscheidung des BGH eine Vereinbarung dahin gehend, dass der Rückzahlungsanspruch (und ggf. die Zinsen) nur nach Beseitigung einer Überschuldungsgefahr aus künftigen Jahresüberschüssen oder aus dem die sonstigen Verbindlichkeiten des Unternehmens übersteigendem Vermögen gezahlt werden darf, ausreichend. Ein für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufschiebend bedingter Verzicht ist nicht erforderlich. Zu beachten ist jedoch, dass die Finanzverwaltung bei fehlender Vereinbarung der Möglichkeit der Tilgung aus "anderem freien Vermögen" der Auffassung war, dass u.U. das Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG gilt, was zu einer nicht nur unerwünschten, sondern den Zweck des Rangrücktrittes konterkarierenden Gewinnerhöhung beim zu finanzierenden Unternehmen führte. Der BFH hat daher klargestellt, dass eine Rangrücktrittsvereinbarung nicht schon dann zur Anwendung des § 5 Abs. 2a EStG führt, wenn eine ausdrückliche Bezugnahme der Rangrücktrittsklausel auf die Möglichkeit der Tilgung aus einem Liquidationsüberschuss oder aus sonstigem freien Vermögen fehlt. In einer weiteren Entscheidung hatte es der BFH mit einem Fall zu tun, in dem die Parteien ausdrücklich vereinbart hatten, dass die Gläubigerin die Befriedigung ihrer Gesamtforderung nur aus Jahresüberschüssen, soweit sie bestehende Verlustvorträge übersteigen, oder aus einem Liquidationsüberschuss verlangen kann. Nach Auffassung des BFH sei diese Formulierung für die Passivierung der Verbindlichkeit nicht ausreichend. Es fehle an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung. Der BFH stellte in seiner Urteilsbegründung zwar nicht unmittelbar auf § 5 Abs. 2a EStG, aber auf den der Vorschrift zugrundeliegenden Rechtsgedanken ab.
Rz. 320
Sicherheiten werden für ein Nachrangdarlehen regelmäßig nicht vereinbart. U.U. ist es nachrangig über die gleichen Vermögensgegenstände besichert, die auch die Darlehen der Senior-Debt-Darlehensgeber besichern. Häufig sieht die Rangrücktrittsklausel auch die Unterbindung von Zinszahlungen auf das Nachrangdarlehen bei Eintritt von Kündigungsgründen unter dem Senior Debt vor.
Rz. 321
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Muster 24.6: Typische Rangrücktrittsklausel
Der Darlehensgeber tritt mit seinem Anspruch auf Rückerstattung und Zahlung von Zinsen hinter sämtliche Ansprüche der Senior-Debt-Darlehensgeber (im Fall eines tiefen Rangrücktritts: aller sonstigen gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger) der Gesellschaft zurück. Der Rückerstattungs- sowie der Zinsanspruch darf nur aus künftigen Jahresüberschüssen, einem etwaigen Liquidationsüberschuss oder aus einem die sonstigen Verbindlichkeiten der Gesellschaft über...