Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 25
Bislang werden Ratings in Deutschland im Wesentlichen von bestimmten großen internationalen Agenturen angeboten. Zu Rating-Agenturen zählen z.B. Moody’s, Standard & Poor’s oder Fitch. Kunden dieser Agenturen sind v.a. staatliche Emittenten und Großunternehmen, die ihren Finanzierungsbedarf an den nationalen und internationalen Kapitalmärkten decken wollen. Auch in Deutschland haben sich inzwischen Rating-Agenturen formiert, die sich mit ihrem Angebot gezielt an den Mittelstand wenden.
Rz. 26
Die Rating-Agenturen verwenden mathematische und/oder statistische Verfahren, um Ausfallwahrscheinlichkeiten anhand von Ausfallmerkmalen zu errechnen. Diese werden dann mit einem Ergebnis bewertet. Dabei steht "AAA" ("Triple A") für höchste Bonität, während "C" oder sogar "D" eine schlechte bis sehr schlechte Bonität zum Ausdruck bringen. Die einzelnen Kategoriebezeichnungen unterscheiden sich von Agentur zu Agentur, wobei die wichtigsten in der nachfolgenden Skala dargestellt sind.
Moody’s |
Standard & Poor’s |
Fitch |
Bedeutung |
Aaa |
AAA |
AAA |
sehr gut: höchste Bonität, praktisch kein Ausfallrisiko |
Aa1 Aa2 Aa3 |
AA+ AA AA– |
AA+ AA AA– |
sehr gut bis gut: hohe Zahlungswahrscheinlichkeit |
A1 A2 A3 |
A+ AA– |
A+ AA– |
gut bis befriedigend: angemessene Deckung von Zins und Tilgung, viele gute Investmentattribute, aber auch Elemente, die sich bei einer Veränderung der wirtschaftlichen Lage negativ auswirken können |
Baa1 Baa2 Baa3 |
BBB+ BBB BBB– |
BBB+ BBB BBB– |
befriedigend: angemessene Deckung von Zins und Tilgung, aber auch spekulative Charakteristika oder mangelnder Schutz gegen wirtschaftliche Veränderungen |
Ba1 Ba2 Ba3 |
BB+ BB BB– |
BB+ BB BB– |
ausreichend: sehr mäßige Deckung von Zins und Tilgung, auch in gutem wirtschaftlichen Umfeld |
B1 B2 B3 |
B+ BB– |
B+ BB– |
mangelhaft: geringe Sicherung von Zins und Tilgung |
Caa (1–3) Ca |
CCC CC |
CCC CC C |
ungenügend: niedrigste Qualität, geringster Anlegerschutz, akute Gefahr eines Zahlungsverzugs |
C |
SD/D |
DDD DD D |
zahlungsunfähig: in Zahlungsverzug (bei Fitch mit unterschiedlichen Erwartungen für Rückzahlungsquoten) |
Rz. 27
Abhängig vom Rating unterscheidet man bei Anleihen zwischen solchen hoher Kreditqualität (Investment Grade) und spekulativen Anleihen (Non-Investment-Grade, High Yield oder Junk Bonds). Für Investment Grade-Anleihen vergeben Standard & Poor’s und Fitch die Noten "AAA" bis "BBB", bei Moody’s lauten die Noten "Aaa" bis "Baa". Insb. Unternehmen, die sich alternative Finanzierungsquellen erschließen wollen, sollten sich dessen bewusst sein, dass viele institutionelle Anleger, wie z.B. Banken oder Pensionskassen, per Gesetz oder durch ihre eigenen Statuten verpflichtet sind, nur Anleihen von Schuldnern zu kaufen, die durch eine externe Rating-Agentur mindestens mit Investment Grade bewertet sind. Fällt ein Schuldner dabei in seinem Rating unterhalb von "Investment Grade" so kommt es meist zu gravierenden Kursabschlägen auf seine Anleihen. Nicht übersehen werden sollte allerdings, dass es für ein Unternehmen, das seine Möglichkeiten zur Kapitalaufnahme erweitern möchte, meist besser ist, ein schlechtes Rating zu haben, als gar keins, da eine Reihe von ausländischen Investoren Schuldner ohne Rating von vornherein ignorieren. Besonders in den USA, wo das Rating schon eine lange Tradition hat, ist es so gut wie unmöglich, ohne Rating Kapital aufzunehmen. Daran werden auch die i.R.d. Finanz- und Wirtschaftskrise zutage getretenen Fehlbeurteilungen kaum etwas ändern. Aus diesem Grund sind mittlerweile auch die meisten namhaften europäischen Unternehmen mit einem Rating versehen.
Rz. 28
Als vorteilhaft für das zu finanzierende Unternehmen erweist sich beim externen Rating auch die Tatsache, dass – anders als bei einer Kreditwürdigkeitsprüfung durch eine Bank – von den während des Rating-Verfahrens gewonnenen Informationen über das Unternehmen profitiert werden kann. So erhält das Unternehmen detailliert Auskunft über die zutage tretenden Defizite und gewinnt ggf. wichtige Ansätze für Verbesserungen.
Rz. 29
Die Kosten des Ratings sind von dem zu beurteilenden Unternehmen zu tragen. Dabei kann ein kontinuierliches externes Rating für ein Unternehmen einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeuten, zumal die Aussagefähigkeit eines Ratings i.d.R. auf ein Jahr begrenzt ist. Entscheidend für die Kosten ist insb. die Größe des Unternehmens. Nicht zu vernachlässigen sind außerdem die Aufwendungen des Unternehmens während des Rating-Verfahrens. I.d.R. erfordert die Prüfung der Bonität durch eine Rating-Agentur weitaus mehr als die Übermittlung bestimmter Unterlagen. So können je nach Komplexität des Geschäfts und des Geschäftsbetriebes sowie der Größe des Unternehmens zahlreiche weitere Maßnahmen bis hin zu Gesprächen mit der Geschäftsleitung notwendig sein, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis kommen zu können.
Rz. 30
Ein unzutreffend schlechtes Rating bzw. eine Rückstufung kann für das betroffene Unternehmen leicht einen erheblichen finanziellen Schaden insb. in Form höherer Kapitalbeschaffungskosten bedeuten. Mit zunehmender Bedeutung externer ...