Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 314
In der Praxis sind verschiedene Gestaltungsformen mit mehr oder weniger deutlicher Ausrichtung zu Eigen- oder Fremdkapital sowie Mischformen (hybride Formen) zu beobachten. Zu den gängigsten gehören an Fremdkapital angenäherte Finanzierungen durch Nachrangdarlehen, Wandel- und Optionsanleihen und typisch stille Beteiligungen, Genussrechte als hybride Finanzierungsform sowie die eigenkapitalähnliche atypisch stille Gesellschaft.
Rz. 315
Zur Bestimmung des für die individuelle Finanzierungssituation eines Unternehmens geeigneten mezzaninen Finanzierungsinstruments ist eine genaue Kenntnis der bestimmenden Einflussfaktoren und deren Interdependenzen erforderlich. Als Anhaltspunkt mag das sog. "Magische Fünfeck" dienen, das in der Lit. bereits vor einiger Zeit auf der Suche nach dem idealtypischen Mezzanine-Finanzierungsinstrument formuliert wurde. Danach erlaubt das ideale Mezzanine-Kapital eine Pufferfunktion als Haftkapital aufgrund der Nachrangigkeit, eine Steigerung der handelsbilanziellen Eigenkapitalquote, eine ergebnisabhängige Verzinsung und die steuerliche Abzugsfähigkeit der Ausschüttung als Betriebsausgaben, während keine oder nur eine eingeschränkte unternehmerische Mitsprache der Kapitalgeber besteht.
Rz. 316
Es mag dahinstehen, ob ein mit all diesen Aspekten ausgestattetes Mezzanine-Finanzierungsinstrument tatsächlich einen "Idealzustand" verkörpert. Nach Auffassung des Verfassers wird es diesem Anspruch höchstens bei Zugrundelegung der aus Sicht des Kapitalnehmers betrachteten typischen Interessenlage gerecht. Professionelle Investoren werden bspw. i.d.R. einen Ausschluss oder eine Begrenzung der Mitspracherechte als deutlichen Nachteil empfinden. Genauso dürften die steuerlichen Auswirkungen des gewählten Instruments auch für den Kapitalgeber regelmäßig eine maßgebliche Rolle spielen.
Nicht übersehen werden sollte jedoch, dass das Magische Fünfeck die bei jeder Mezzanine-Finanzierung mehr oder weniger stark zu berücksichtigenden Einflussfaktoren und ihre Interdependenzen anschaulich verkörpert. Es bietet daher eine gute Orientierungshilfe bei der Strukturierung von Mezzanine-Finanzierungen. Es soll daher auch bei der nachfolgenden Darstellung einzelner Gestaltungsformen zugrunde gelegt werden.
aa) Nachrangdarlehen
Rz. 317
Das Nachrangdarlehen ist ein Finanzierungsinstrument, mit dem Fremdkapital von Kreditinstituten, Gesellschaftern oder sonstigen institutionellen Anlegern zur Verfügung gestellt wird. Prägend ist nicht die für gesellschaftsrechtliche Beziehungen typische Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes. Rechtlich handelt es sich vielmehr um einen Austauschvertrag zur Wahrnehmung jeweils eigener Interessen von Darlehensgeber und Darlehensnehmer.
Das Nachrangdarlehen stellt die häufigste Form der Mezzanine-Finanzierung dar. Es bietet ein klassisches, relativ einfach zu handhabendes Instrument, das v.a. zur Vermeidung oder Abwendung von Überschuldungssituationen, aber auch zur Wachstumsfinanzierung bei entsprechend guter wirtschaftlicher Situation des zu finanzierenden Unternehmens eingesetzt wird.
Rz. 318
In wirtschaftlicher Hinsicht kann das Nachrangdarlehen uneingeschränkt als Kapital mit eigenkapitalähnlicher Funktion ausgestaltet werden. Eine Bilanzierung als echtes Eigenkapital ist hingegen nicht möglich.
Die Vergütung des Kapitalgebers kann grds. flexibel vereinbart werden. Beschränkungen ergeben sich allerdings bei der AG, wenn eine gewinnabhängige Vergütungskomponente vereinbart werden soll (hierzu unter Rdn 324). Innerhalb der Grenzen allgemeiner gesellschaftsrechtlicher Einschränkungen und des Eigenkapitalersatzrechts bietet das Nachrangdarlehen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. Zudem können die Finanzierungskosten vom zu finanzierenden Unternehmen als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden.
(1) Eigenkapitalfunktion
Rz. 319
Beim Nachrangdarlehen tritt der Darlehensgeber im Rang hinter die Forderungen bestimmter Dritter zurück. Dabei wird ein sog. tiefer Rangrücktritt hinter die Forderungen aller Gläubiger i.d.R. nur dann vereinbart, wenn dies zur Vermeidung einer Überschuldungssituation notwendig ist. Oftmals wird er als Wahlrecht ausgestattet, das bei Eintritt der Überschuldung ausgeübt werden kann. Im Regelfall reicht der Rangrücktritt hinter die Forderungen bestimmter erstrangiger Darlehensgeber (auch Senior-Debt-Darlehensgeber genannt) aus.
Dabei ist nach einer Entscheidung des BGH eine ...