Rz. 266

Die eigens für den Forderungserwerb gegründete Zweckgesellschaft kauft von dem die Vermögenswerte verbriefenden Unternehmen einen bestimmten Bestand an Vermögenswerten, meist Forderungen, an, der ihr sodann abgetreten wird. Die Zweckgesellschaft sollte keine gesellschaftsrechtliche Verbindung zum Originator besitzen. Sie ist insolvenzfest zu strukturieren, damit sie vom Kapitalmarkt als Emittent akzeptiert wird. Dies wird insb. dadurch erreicht, dass alle Transaktionsbeteiligten sich verpflichten müssen, keinen Insolvenzantrag zu stellen (non-petition) und nur auf die jeweils bei der Zweckgesellschaft vorhandenen Vermögenswerte zur Befriedigung ihrer Ansprüche zugreifen (limited recourse).[211]

Nach dem Ankauf und der Abtretung werden die Ansprüche an diesem Forderungspool verbrieft (Securitization) und als handelbare Wertpapiere (Asset Backed Securities) in erster Linie an institutionelle Anleger veräußert. Das SPV refinanziert damit den Kaufpreis für die Forderungen über die Ausgabe einer Anleihe am Kapitalmarkt.

 

Rz. 267

Die auf die abgetretenen Vermögenswerte eingehenden Zahlungen werden auf Grundlage eines Vertrages zwischen dem Originator und dem SPV (Servicing Agreement) weiterhin vom Unternehmen eingezogen und an das SPV weitergeleitet. Die zur Einziehung verwendeten Konten des Originators werden zur Sicherstellung der Weiterleitung zugunsten des SPV verpfändet. Typischerweise enthält das Servicing Agreement die Verpflichtung des Originators, das Forderungsinkasso und die Forderungsverwaltung im Namen der Zweckgesellschaft fortzuführen, regelmäßig über die eingezogenen Forderungen zu informieren und die eingegangenen Zahlungen weiterzuleiten.

Die dem Originator durch das Servicing Agreement erteilte Einziehungsermächtigung wird nur dann wieder entzogen, wenn das Unternehmen dafür Anlass bietet.

 

Rz. 268

 

Hinweis

Aus Sicht des im Handels- und Gesellschaftsrecht beratenden Anwalts ist das Servicing Agreement von zentraler Bedeutung, da es in Bezug auf den verbrieften Forderungspool den Geschäftsalltag des Unternehmens auch nach der Übertragung an das SPV maßgeblich beeinflusst.

 

Rz. 269

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Muster 24.5: Typische Servicing-Vereinbarung

Der Verkäufer ist verpflichtet, das Portfolio seiner jeweils angekauften Forderungen im Namen des Käufers einzuziehen und zu verwalten. Der Käufer ermächtigt den Verkäufer hiermit, die jeweils angekauften Forderungen nebst den dazugehörigen Nebenrechten, dazugehörigen Sicherheiten, Sicherheiten und sonstigen Sicherungsrechten im eigenen Namen unter Beachtung der Bestimmungen dieses Vertrages einzuziehen, zu verwalten, auszuüben und zu verwerten ("Forderungseinzugsberechtigung"). Diese Forderungseinzugsberechtigung enthält die Berechtigung des Verkäufers, die erforderlichen rechtlichen Maßnahmen (insb. gerichtliche Mahn- und Klageverfahren – nachstehend die "Gerichtsverfahren" genannt) bzgl. der hierunter angekauften Forderungen, der dazugehörigen Sicherheiten, Sicherheiten und sonstigen Sicherungsrechte zu ergreifen.

Der Käufer hat das Recht, die dem Verkäufer erteilte Forderungseinzugsberechtigung aus wichtigem Grund zu widerrufen, wenn er dieses Vorgehen zur Wahrung seiner Interessen für erforderlich hält. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes wird insb. vermutet, wenn der Käufer das Recht hat, diesen Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Vor dem Widerruf wird der Käufer den betreffenden Verkäufer unter Angabe des wichtigen Grundes schriftlich mahnen und ihm eine Frist von zehn Bankgeschäftstagen ("Nachfrist") zur Abhilfe setzen, jedoch mit der Maßgabe, dass der Käufer zum Setzen der Nachfrist nicht verpflichtet ist, soweit er nach billigen Ermessen feststellt, dass das Setzen einer Nachfrist zum Schutz seiner Rechte ungeeignet ist. Die Forderungseinzugsberechtigung wird verlängert, wenn das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund i.S.d. Vertrages erloschen ist. Die Forderungseinzugsberechtigung wird nicht widerrufen, wenn der Verkäufer dem Käufer eine Barsicherheit in Höhe der ausstehenden Forderungen oder eine andere dem Käufer ausreichende Sicherheit stellt.

Ungeachtet der allgemeinen Natur der vorstehenden Regelung erlischt die Forderungseinzugsberechtigung im Verhältnis zum Verkäufer automatisch, wenn

ein Sachverhalt vorliegt, der die Einleitung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verkäufers gem. §§ 17, 18 oder 19 InsO oder aus anderen Gründen begründet,
ein Antrag auf Einleitung des Insolvenzverfahrens hinsichtlich des Verkäufers gestellt wurde,
gerichtliche Maßnahmen gem. § 21 InsO hinsichtlich des Verkäufers durch die zuständigen Gerichte angeordnet werden oder
dem Verkäufer eine Einziehung der Forderungen gem. den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen untersagt ist.
[211] Habersack/Mülbert/Schlitt/Geiger, Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, § 21 Rn 4.

aa) Auswahl der Vermögenswerte

 

Rz. 270

Verbrieft werden können grds. alle Vermögenswerte eines Unternehmens.[212] Erforderlich ist, dass diese möglichst stabile und gut vorherseh...

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