Dr. Sebastian Hofert von Weiss
aa) Überblick
Rz. 80
Unter Kapitalerhöhung im engeren Sinne versteht man die Finanzierung eines Unternehmens durch die Eigentümer im Wege der Erhöhung des Eigenkapitals (Einlagen- bzw. Beteiligungsfinanzierung). Es handelt sich um eine Eigenfinanzierung in Gestalt der Außenfinanzierung.
Die Kapitalerhöhung kann – ebenso wie die Gründung – durch die Erbringung von Bar- oder Sacheinlagen durchgeführt werden. Dabei können entweder die bisherigen Gesellschafter ihre Anteile an der Eigenkapitalbasis des Unternehmens erhöhen oder neue Gesellschafter in die Gesellschaft eintreten. Anlass für eine Sachkapitalerhöhung kann bspw. der Erwerb eines anderen Unternehmens sein (Akquisition), wenn der Kaufpreis in Form von Aktien entrichtet wird. Eine Kapitalerhöhung kann auch aus Anlass einer Fusion durch Aufnahme eines Unternehmens erfolgen, indem die akquirierende Gesellschaft das Vermögen einer Gesellschaft aufnimmt und dafür Gesellschaftsrechte gewährt.
Rz. 81
Neben Bar- und Sacheinlagen kann die Kapitalerhöhung auch durch Umformung von offenen Rücklagen einer Kapitalgesellschaft in Nominalkapital, also aus Gesellschaftsmitteln, stattfinden (nominelle Kapitalerhöhung).
bb) Einsatz als Sanierungsinstrument: Debt Equity Swap
Rz. 82
Beim sog. Debt Equity Swap werden bestehende Verbindlichkeiten eines Unternehmens in Eigenkapital umgewandelt. In Krisensituationen wird er insb. dazu eingesetzt, eine bilanzielle Überschuldung der Gesellschaft zu beseitigen und die Bilanzstruktur durch Erhöhung der Eigenkapitalquote zu verbessern.
Eine gängige Erscheinungsform des Debt Equity Swaps ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung. Dazu erfolgt zunächst ein Kapitalschnitt zur Sanierung der in Schieflage geratenen Gesellschaft. Dabei wird im Wege der vereinfachten Kapitalherabsetzung nach den §§ 229 ff. AktG bzw. § 58a GmbHG das Grund- bzw. Stammkapital dem durch Verluste aufgezehrten Realvermögen angepasst. Dadurch wird die Unterbilanz der Gesellschaft beseitigt. In einem weiteren Schritt erfolgt dann die Zuführung haftenden Kapitals zum Zwecke der Sanierung. Dazu wird die als Schuldverbindlichkeit ("Debt") bestehende Forderung eines Gläubigers gegen die Gesellschaft als Sacheinlage ("Equity") im Wege der Kapitalerhöhung in die Gesellschaft eingebracht. Dabei erfolgt die Einbringung der Forderung entweder durch Abtretung derselben oder durch einen Erlassvertrag nach § 397 BGB. Im Fall der Übertragung der Forderung erlischt diese durch Konfusion.
cc) Kapitalerhöhung bei Personengesellschaften/Einzelunternehmen
Rz. 83
Bei Einzelunternehmungen erfolgt eine Eigenkapitalerhöhung durch Nichtentnahme erzielter Gewinne (Selbstfinanzierung), durch Einbringen von weiterem Privatvermögen des Einzelunternehmers oder durch Aufnahme eines stillen Gesellschafters.
Rz. 84
Eine Eigenkapitalerhöhung kann bei Personengesellschaften durch weitere Einlagen der bisherigen Gesellschafter (Beteiligungsfinanzierung) oder durch die Aufnahme weiterer Gesellschafter erfolgen. Diese Formen der Eigenkapitalerhöhung bringen mitunter weitreichende Konsequenzen mit sich:
▪ |
Bei der Beteiligungsfinanzierung wird eine Verschiebung der einzelnen Anteile der Gesellschafter am Gesellschaftskapital eintreten, wenn nicht alle Gesellschafter ihren Anteil im gleichen Verhältnis aufstocken. Bei einer Gewinnverteilung nach der gesetzlichen Regelung gem. § 121 Abs. 1 Satz 1 HGB durch eine feste Gewährung eines Anteils i.H.v. 4 % Zinsen auf die jeweilige Einlage hat eine Verschiebung der Anteile zwar lediglich Einfluss auf die feste Verzinsung, nicht aber auf die Verteilung des Restgewinns. Üblicherweise wird in der Praxis jedoch eine hiervon abweichende Gewinnverteilung vereinbart, sodass die Höhe der Beteiligung oftmals einen direkten Einfluss auf die Gewinnverteilung hat. Zudem wird der Liquidationserlös bei Liquidation der Gesellschaft oder beim Ausscheiden eines Gesellschafters regelmäßig nach dem Verhältnis der Kapitalanteile errechnet. Hat das Unternehmen bis zur Kapitalerhöhung im großen Umfang stille Rücklagen gebildet, werden hiervon diejenigen Gesellschafter profitieren, die bei der Kapitalerhöhung ihren Anteil am Kapitalanteil erhöht haben. |
▪ |
Bei einer Kapitalerhöhung durch Aufnahme weiterer Gesellschafter ist entscheidend, ob es sich bei den neuen Gesellschaftern um – voll haftende – Komplementäre handelt, oder um – beschränkt haftende – Kommanditisten. Danach wird sich richten, in welchem Maße die Gesellschafter an den Gewinnen beteiligt werden, und welchen Einfluss sie auf die Unternehmenspolitik erhalten. Regelmäßig stellen sich bei der Aufnahme neuer Gesellschafter dann folgende Fragen:
▪ |
Wie ist der "Eintrittspreis" für den neuen Gesellschafter zu bestimmen? |
▪ |
Wie ist der "Eintrittspreis" auf den Kapitalanteil des Gesellschafters (danach richtet sich dann der Gewinnverteil... | |