Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 285
Die Finanzierung von Vorhaben mittelständischer Unternehmen im Alleingang im Wege der Projektfinanzierung wird wegen des hohen Strukturierungsaufwandes höchstwahrscheinlich auch in Zukunft eher die Ausnahme bleiben. Nicht so fern liegend ist jedoch die Beteiligung eines Unternehmens an einer Projektfinanzierung in der einen oder anderen Form, sei es als Auftragnehmer der Projektgesellschaft, als Abnehmer, als Subauftragnehmer des Generalunternehmers oder gar als Betreiber des Projektes. Insb. Projekte mit innovativen Technologien werden allerdings zunehmend auch vom Mittelstand in Form von Projektfinanzierungen realisiert. Oftmals stellt diese Finanzierungsform einen guten Ausweg aus Schwierigkeiten bei der Einwerbung von klassischen Finanzierungen dar. Auch können schnell Situationen entstehen, in denen eine zu finanzierende Investition für das Unternehmen derartig von Bedeutung ist, dass Kreditgeber nicht einfach auf eine Bonitätsprü-fung abstellen, sondern Prüfungsmaßstäbe aus dem Bereich der Cash-Flow-Finanzierung an-legen. Hier ist der im Handels- und Gesellschaftsrecht beratende Anwalt gefordert, die spezielle Situation vollständig zu erfassen und festzustellen, ob sich daraus Besonderheiten für die Beratung des Unternehmens ergeben.
Die wesentlichen Rechtsgrundlagen und -beziehungen einer Projektfinanzierung werden daher im Folgenden überblicksartig dargestellt.
aa) Vereinbarungen zum Innenverhältnis der Projektsponsoren
Rz. 286
Soll die Realisierung des Projektes durch mehrere Projektsponsoren erfolgen, ist die Kooperation in einem gesonderten Konsortial- oder Kooperationsvertrag zu regeln (Participants’ Agreement). Der Vertrag wird die wesentlichen Merkmale des Projektes und die einzelnen Beiträge der Projektsponsoren bestimmen. Ihm kommt meist die Funktion eines Grundlagenvertrages zu. Da sich die Projektsponsoren regelmäßig auch an der zu gründenden Projektgesellschaft beteiligen werden, trägt das Participants’ Agreement oft selbst Züge einer Gesellschaftervereinbarung (Shareholders’ Agreement) oder wird durch eine solche ergänzt.
bb) Errichtung der Projektgesellschaft
Rz. 287
Um das Projekt der Finanzierung und dessen finanzielle Ausstattung aus der Bilanz der Projektsponsoren auszugrenzen, ist eine rechtlich selbstständige Projektgesellschaft zu gründen. Sie hat i.d.R. als sogenannte "Einzweckgesellschaft" nur Errichtung und Betrieb des Projektes zum Geschäftszweck. Sie fungiert als Rechtsträger für das Projekt, d.h. sie ist Eigentümer des Projektvermögens und Vertragspartner ggü. Dritten. Als Alternative zur Gründung eines selbstständigen Rechtsträgers besteht auch die Möglichkeit einer Innengesellschaft bzw. eines vertraglichen Joint Ventures zwischen den Projektsponsoren.
cc) Konzession, Ressourcen
Rz. 288
Vor allem bei staatlichen Infrastrukturprojekten ist oftmals eine Konzession oder Lizenz zugunsten der Projektgesellschaft zur Realisierung und zum Betrieb des Projektes erforderlich. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn originär hoheitliche Aufgaben in die Hände einer privaten Projektgesellschaft gelegt werden sollen, wie z.B. bei Mautstraßen. Daneben kann eine Konzession oder Lizenz aber auch in anderen staatlich regulierten Bereichen, wie z.B. der Telekommunikation, Voraussetzung für den Projektbetrieb sein.
Als Grundlage eines Projektes ist daneben vielfach auch eine staatliche Zuweisung bestimmter Ressourcen zu beobachten. So werden insb. Industrieprojekten im Mittleren Osten häufig Öl- oder Gasreserven im bestimmten Umfang zur Nutzung zu günstigen Preisen zugewiesen, um die Industrialisierung des Landes voranzutreiben.
In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass die vom Projekt benötigten Ressourcen bzw. Ein-satzstoffe in ausreichender Menge zu einem angemessenen Preis für die gesamte Laufzeit der Finanzierung zur Verfügung stehen. Dazu ist der Abschluss möglichst langfristiger Ver-sorgungsverträge vorteilhaft, die allerdings schwierig zu erlangen sein können. So rückt die angemessene Versorgungssicherheit neuerdings verstärkt bei Projekten in den Fokus, die sel-tene Metalle oder Erden als Einsatzstoffe benötigen (z.B. Batteriefabriken).
dd) Vereinbarungen zur Projekterrichtung
Rz. 289
Die Planung und Errichtung der für den Projektbetrieb benötigten Anlagen wird mithilfe von Planungs- und Konstruktionsverträgen auf im betreffenden Gebiet erfahrene und leistungsfähige Vertragspartner übertragen. Diese wiederum binden Zulieferer von Material sowie ggf. Subunternehmer ein. Üblich ist die Vergabe eines Generalunternehmervertrages, der eine schlüsselfertige Ablieferung des Projektes zu einem bestimmten, auf die Cash-Flow-Planung abgestimmten Zeitpunkt vorsieht (Turn-Key Agreements). Dabei kommen der Vereinbarung eines verbindlichen Fertigstellungstermines und den Abnahmevorschriften besondere Bedeutung zu, da die Projektsponsoren ihrerseits regelmäßig aus den von ihnen ggü. den Kreditgebern gewährten Fertigstellungsgarantien nur entlassen werden, wenn sie die termingerechte und ordnungsgemäße Betriebsbereitschaft des Projektes nachweisen können. Kann der vereinbarte Termin nicht eingehalten werden oder liegt Schlechterfüllung vor, drohen daher reg...