Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 339
Genussrechte sind im Gesetz nicht definiert. Sie werden allerdings in einer Reihe von Gesetzesnormen erwähnt, so insb. in § 221 Abs. 3 AktG, sowie in diversen Vorschriften des KWG, VAG, EStG und KStG. Sie sind grds. rechtsformneutral und ihrer Rechtsnatur nach ein Dauerschuldverhältnis sui generis. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen ergeben sich weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten, die eine echte hybride Rechtsnatur zwischen Eigen- und Fremdkapital ermöglichen. Zusätzlich kann eine hohe Fungibilität durch die Möglichkeit der Ausgabe von Genussscheinen erreicht werden.
Besonders hervorzuheben ist der große bilanzielle Gestaltungsspielraum, der dem Unternehmen u.a. bei der Bilanzierung nach dem HGB eine Qualifizierung des Mezzanine-Kapitals als echtes Eigenkapital erlaubt. Die Ausgestaltung der Vergütungsvereinbarung mit dem Kapitalgeber wird auch bei der AG nicht durch die Problematik des Teilgewinnabführungsvertrages begrenzt. Bei obligationsähnlich ausgestalteten Genussrechten ist zudem die Möglichkeit des Abzuges der Finanzierungskosten als Betriebsausgabe für das Unternehmen steuerlich günstig. Zudem bietet sich der Einsatz als Sanierungsinstrument dann an, wenn zur Beseitigung einer bilanziellen Überschuldung Gesellschafterdarlehen in bilanzielles Eigenkapital umgewandelt werden können. Um die mit einem klassischen Debt Equity Swap verbundenen unerwünschten steuerlichen Folgen zu vermeiden, bietet sich hier u.U. der Einsatz von obligationsartigen Genussrechten in Form des Debt Mezzanine Swap an.
(1) Eigenkapitalfunktion
Rz. 340
Bei Genussrechten wird i.d.R. eine Beteiligung des Kapitalgebers am Gewinn und/oder eine Beteiligung am Liquidationserlös nachrangig zu den Gesellschaftern vorgesehen. Zudem kann sowohl eine Beteiligung am Verlust als auch eine Nachzahlungspflicht vereinbart werden. Eine wirtschaftlich eigenkapitalähnliche Funktion des Genussrechtskapitals kann damit bei entsprechender Gestaltung ohne Weiteres erreicht werden.
(2) Bilanzierung
Rz. 341
Die bilanzielle Behandlung von Genussrechten ist abhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung sowie von dem Rechnungslegungssystem, das vom zu finanzierenden Unternehmen verwandt wird.
(a) HGB
Rz. 342
Bei der Bilanzierung nach dem HGB besteht die Möglichkeit, handelsbilanzielles Eigenkapital zu schaffen, das steuerlich Fremdkapital darstellt. Das beruht darauf, dass die handels- und steuerrechtlichen Voraussetzungen für den Eigenkapitalausweis nicht gleich sind. Steuerlich handelt es sich nur dann um Eigenkapital, wenn eine Beteiligung am Gewinn und eine Beteiligung am Liquidationserlös vereinbart sind (sog. beteiligungsähnliches Genussrecht). Wo dies nicht der Fall ist, handelt es sich um ein sog. obligationsartiges Genussrecht.
Eine handelsrechtliche Qualifikation als Eigenkapital kommt nach der Stellungnahme des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) 1/1994 dann in Betracht, wenn das gewährte Kapital nachrangig und die für die Kapitalgewährung vereinbarte Vergütung erfolgsabhängig ist, eine Verlustteilnahme in voller Höhe stattfindet und das Kapital "längerfristig" überlassen wird. "Längerfristigkeit" soll dann gegeben sein, wenn eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren und eine Mindestkündigungsfrist von 2 Jahren eingehalten werden. Sind diese Voraussetzungen erfüllt und wird gleichzeitig auf eine Beteiligung am Liquidationserlös verzichtet, kann handelsbilanziell ein Ausweis im Eigenkapital erreicht werden, obwohl steuerlich Fremdkapital gegeben ist. Allerdings ist eine Umgliederung vorzunehmen, wenn sich während der Laufzeit die Haftungsqualität und somit aus Sicht des Gläubigers die Funktion des Genussrechtskapitals ändert. Das ist dann der Fall, wenn aufgrund entsprechender Kündigungsregelungen eine Rückzahlung vor Ablauf des auf den Abschlussstichtag folgenden Geschäftsjahres zu erfolgen hat oder wenn nach Zeitablauf bspw. durch Kündigung eine sofortige Auszahlung möglich ist.
(b) IFRS
Rz. 343
Nach IFRS kommt ein Ausweis als Eigenkapital nur bei unbefristeter Kapitalüberlassung und bei gleichzeitiger Ausgestaltung des Rückzahlungsanspruchs als Residualanspruch nach Abzug aller dazugehörigen Schulden in Betracht. Zusätzlich darf der Kapitalgeber keine Möglichkeit haben, die Rückzahlung des Kapitals zu verlangen. Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen in de...