Dr. Sebastian Hofert von Weiss
I. Klassische Finanzierungsinstrumente
1. Eigenfinanzierung
Rz. 34
Die Eigenkapitalbeschaffung hängt entscheidend davon ab, in welchem Umfang die Eigenkapitalgeber für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haften. Die Rechtsform des Unternehmens hat hierbei entscheidende Bedeutung. Daher soll nachfolgend ein Überblick über die unterschiedlichen Auswirkungen der einzelnen Unternehmensrechtsformen auf die Eigenkapitalbeschaffung gegeben werden.
a) Eigenkapitalausstattung der verschiedenen Rechtsformen
aa) Einzelunternehmen
Rz. 35
Eine Einzelunternehmung liegt vor, wenn ein Unternehmer seinen Betrieb ohne andere Gesellschafter oder nur mit einem stillen Gesellschafter unterhält. Kaufmann i.S.d. HGB ist der Einzelunternehmer dann, wenn er ein Handelsgewerbe betreibt (Istkaufmann; § 1 Abs. 1 HGB). Ein Handelsgewerbe liegt gem. § 1 Abs. 2 HGB vor, wenn das Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Ist das gewerbliche Unternehmen nicht schon nach § 1 HGB ein Handelsgewerbe, so gilt es als solches, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist (Kannkaufmann, § 2 Satz 1 HGB) (zum Kaufmannsbegriff s. § 1 Rdn 8 ff.).
Rz. 36
Die Eigenkapitalbasis der Einzelunternehmung ist durch das Vermögen des Einzelunternehmers begrenzt. Es existiert keine gesetzlich vorgeschriebene Mindesthöhe des Haftungskapitals. Weil der Einzelunternehmer mit seinem gesamten Privatvermögen haftet, kann das eingebrachte Kapital jederzeit wieder entnommen werden. Eine Kapitalerweiterung kann er durch Zuführung weiteren Privatvermögens, durch Nichtentnahme erzielter Gewinne (Selbstfinanzierung) oder durch Aufnahme eines stillen Gesellschafters erreichen.
Rz. 37
Die stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft und keine Gesamthandsgemeinschaft wie die KG, da die Einlage des stillen Gesellschafters in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht (§ 230 Abs. 1 HGB; zur GbR s. § 9 Rdn 1 ff.). Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretungsbefugnisse verbleiben grds. beim Inhaber des Unternehmens (§ 230 Abs. 2 HGB). Der stille Gesellschafter wird jedoch am Gewinn beteiligt (§ 231 Abs. 1 HGB).
Hinweis
Da das HGB keine Regelung über die genaue Gewinnverteilung enthält und nur von einem "den Umständen nach angemessenen Anteil" spricht (§ 231 Abs. 1 HGB), ist dringend zu empfehlen, eine ausdrückliche Regelung zur Gewinnverteilung in den Vertrag mit dem stillen Gesellschafter aufzunehmen. Anders als die Gewinnbeteiligung, kann die Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters gem. § 231 Abs. 2 HGB ausgeschlossen werden.
Rz. 38
Bei der typischen stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter nicht an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt. Um eine übermäßige Bildung stiller Reserven zum Nachteil des stillen Gesellschafters zu vermeiden, kann ggf. eine Einbeziehung der stillen Reserven bei der Ermittlung des zu verteilenden Gewinns vertraglich vereinbart werden.
Rz. 39
Bei der unechten bzw. atypischen stillen Gesellschaft wird der stille Gesellschafter hingegen nicht nur am Gewinn und Verlust beteiligt, sondern durch Vertrag auch an den Vermögenswerten des Unternehmens, wie den stillen Reserven und/oder dem Firmenwert. Auch die Übernahme unternehmerischer Funktionen durch den stillen Gesellschafter ist bei der atypischen stillen Gesellschaft möglich. Derartige Vereinbarungen gelten jedoch nur im Innenverhältnis, d.h. zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillem Gesellschafter. Die Geschäftsführung und die Vertretung der Gesellschaft verbleiben weiter allein beim Geschäftsinhaber.
bb) Personengesellschaften
Rz. 40
Bei der OHG und der KG erfolgt eine Eigenkapitalbeschaffung primär durch (Kapital-)Einlagen der Gesellschafter (allgemein zur OHG und KG s. § 9 Rdn 482 ff. und § 9 Rdn 600). Ein bestimmtes Mindestkapital muss hier nicht erreicht werden, da – anders als bei den Kapitalgesellschaften – durch die Einlage nicht eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftskapital "erkauft" wird, sondern die Gesellschafter im Außenverhältnis persönlich in Anspruch genommen werden können. Bildlich gesprochen bildet somit das gesamte Privatvermögen der Gesellschafter die Haftungsbasis. Eine Ausnahme zu dieser persönlichen Haftung bildet die KG, welche die Haftung des Kommanditisten auf dessen Einlage beschränkt. Aus diesem Grund ist es für die KG regelmäßig leichter Kapitalgeber zu finden als für die OHG. Hinzu kommt, dass die Kommanditisten i.d.R. nicht zur Geschäftsführung verpflichtet bzw. berechtigt sind.
Rz. 41
Auch OHG und KG können ihre Eigenkapitalbasis durch die Aufnahme von stillen Gesellschaftern erweitern (zur Stillen Gesellschaft s. § 11 Rdn 1 ff.). Eine weitere Möglichkeit der Eigenfinanzierung von Gesellschaftsanteilen besteht mit der sog. Unterbeteiligung, d.h. der Beteiligung an dem Gesellschaftsanteil einer anderen Person und nicht unmittelbar an der Gesellschaft (Beteiligung an der Beteiligung, s. dazu § 11 Rdn 207 ff.). Die Unterbeteiligung kann zum einen der Finanzierung der Hauptbeteiligung dienen oder aber durch Geheimhaltungsinteressen motiviert sein. Spezielle gesetzliche Regelungen hierfür existieren ...