Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 121
Einen Überblick über die Kapitalherabsetzungskosten bei der AG schafft das folgende Schaubild:
(1) Ordentliche Kapitalherabsetzung
Rz. 122
Bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 222–228 AktG) soll vorhandenes Gesellschaftsvermögen ausgeschüttet oder ausschüttungsfähig gestellt werden. Die Kapitalherabsetzung kann sowohl nominell als auch effektiv durchgeführt werden:
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Entschließt sich das Unternehmen zur nominellen Kapitalherabsetzung wird der ursprüngliche Nennwert eines Anteils herabgesetzt, indem das Grundkapital z.B. durch "herunterstempeln" der Aktie von 100,00 EUR auf 50,00 EUR halbiert wird. Bei Stückaktien wird die Grundkapitalziffer reduziert. |
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Bei der effektiven Kapitalherabsetzung werden mehrere alte Aktien zu einer geringeren Zahl neuer Aktien zusammengelegt (z.B. im Verhältnis 10:1, d.h. aus zehn alten Stückaktien wird eine neue Stückaktie). Sie kann bei Nennbetrages- und Stückaktien erfolgen. Das Zusammenlegen von Aktien ist nur subsidiär zulässig, soweit bei der Herabsetzung des Nennbetrages der Mindestnennbetrag von 1,00 EUR oder bei der Stückaktie der für die einzelne Aktie mindestens erforderliche anteilige Betrag des Grundkapitals von 1,00 EUR nicht eingehalten werden kann (§ 222 Abs. 4 Satz 2 AktG). |
Rz. 123
Die Durchführung einer ordentlichen Kapitalherabsetzung vollzieht sich in folgenden Schritten:
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Die Hauptversammlung beschließt die Kapitalherabsetzung mit einer Dreiviertelmehrheit (§ 222 Abs. 1 Satz 1 AkG). Zwingender Inhalt des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ist die Höhe des Herabsetzungsbetrages, der Zweck der Kapitalherabsetzung (§ 222 Abs. 3 AktG) und die Art der Durchführung (§ 222 Abs. 4 Satz 3 AktG). |
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Der Kapitalherabsetzungsbeschluss wird durch den Vorstand und den Vorsitzenden des Aufsichtsrates zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet (§ 223 AktG). Mit der Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses wird die Kapitalherabsetzung wirksam (§ 224 AktG). Mit der Eintragung ist das Grundkapital herabgesetzt. Dient die Kapitalherabsetzung der Rückzahlung von Teilen des Grundkapitals an die Aktionäre oder dem Erlass rückständiger Einlageverpflichtungen, so erwerben die Aktionäre mit der Eintragung bereits den jeweiligen Anspruch gegen die Gesellschaft. Die Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Aktionäre werden mit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung vermindert; dies erfordert nicht den Umtausch oder die Berichtigung der alten Aktienurkunden. |
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Das Registergericht prüft die Einhaltung der satzungsmäßigen und gesetzlichen Vorschriften der Kapitalherabsetzung. |
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Nach der Durchführung der Kapitalherabsetzung ist diese gem. § 227 AktG ebenfalls zur Eintragung beim Handelsregister anzumelden. |
Rz. 124
Da die ordentliche Kapitalherabsetzung zu jedem wirtschaftlichen Zweck, d.h. auch zur Rückzahlung von Kapital oder zur Einstellung von Grundkapital in Gewinnrücklagen, möglich ist, sind die Interessen von Gläubigern der Gesellschaft bedroht, denn diesen dient das Grundkapital als Haftungsgrundlage. Der Gesetzgeber hat daher Schutzvorschriften zugunsten des Gläubigers normiert:
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Die Gläubiger besitzen einen klagbaren Anspruch der Gesellschaft auf Sicherheitsleistung (§ 225 Abs. 1 AktG). |
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Hierauf ist bei der Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses besonders hinzuweisen (§ 225 Abs. 1 Satz 2 AktG). |
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Geschützt sind schuldrechtliche Forderungen aller Art, jedoch keine dinglichen Rechte. |
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Die Forderung muss vor Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses "begründet" sein (§ 225 Abs. 1 Satz 1 AktG). Gläubiger fälliger Forderungen haben keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung, sondern einen Anspruch auf Befriedigung ihrer Forderung durch die Gesellschaft. |
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Eine ausreichende Sicherheit i.S.d. § 225 AktG ist bei einer Sicherheitsleistung nach §§ 232 ff. BGB anzunehmen. |
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Der Sicherheitsanspruch verfällt 6 Monate nach Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses (§ 225 Abs. 1 Satz 1 AktG). |
(2) Vereinfachte Kapitalherabsetzung
Rz. 125
Die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229–236 AktG) ist die häufigste Form der Kapitalherabsetzung in der Praxis. Sie ist nur für die folgenden Zwecke zulässig (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AktG):
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Ausgleich von Wertminderungen, |
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Deckung sonstiger Verluste, |
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Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage. |
Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist auf den Sanierungsfall beschränkt. Die genannten Zwecke führen nur zu Umbuchungsvorgängen und haben keinen Kapitalabfluss zur Folge.
Rz. 126
Die Gläubigerschutzregeln der ordentlichen Kapitalherabsetzung sind daher nicht notwendig. Es liegt vielmehr auch im Interesse des Gläubigers, dass Verluste förmlich ausgeglichen werden. Daher sieht das Gesetz nur folgende Einschränkungen vor:
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Die bei der Kapitalherabsetzung gewonnenen Beträge dürfen nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden (§ 230 Satz 1 AktG). Der Buchgewin... |