Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 350
Nach dem Nachrangdarlehen ist die stille Gesellschaft als Mezzanine-Finanzierungsform am weitesten verbreitet. Ihre gesetzlichen Grundlagen finden sich in den §§ 230 ff. HGB.
Grds. ist zwischen der typisch stillen Gesellschaft und der atypisch stillen Gesellschaft zu unterscheiden. Handels- und gesellschaftsrechtlich korrekt erfolgt die Abgrenzung dabei danach, ob eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB festzustellen ist (dann liegt eine atypisch stille Gesellschaft vor) oder nicht. Die handels- und gesellschaftsrechtliche Abgrenzung hat jedoch kaum praktische Bedeutung.
Rz. 351
Für die Praxis weitaus relevanter ist die Unterscheidung anhand des steuerlichen Kriteriums der sog. Mitunternehmerschaft. Sie soll daher auch für die folgenden Ausführungen zugrunde gelegt werden. Ist Mitunternehmerschaft im steuerrechtlichen Sinne gegeben, handelt es sich um eine atypisch stille Gesellschaft, während ansonsten von einer typisch stillen Gesellschaft ausgegangen wird.
Die Mitunternehmerschaft setzt sich aus zwei Elementen, der Mitunternehmerinitiative und dem Mitunternehmerrisiko, zusammen. Die Voraussetzungen an das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft sind im Einzelnen streitig. Vereinfachend betrachtet liegt Mitunternehmerinitiative jedenfalls immer dann vor, wenn Gesellschafterrechte ausgeübt werden können, die mit denen eines Kommanditisten vergleichbar sind. Mitunternehmerrisiko ist gegeben, wenn der Betroffene sowohl eine Beteiligung am Gewinn und Verlust als auch an den stillen Reserven, einschließlich des Geschäftswertes der Gesellschaft, innehat.
(1) Typisch stille Gesellschaft
Rz. 352
Die typisch stille Gesellschaft kann als darlehensähnlich bezeichnet werden. Das HGB normiert für sie beschränkte gesetzliche Kontroll- und Informationsrechte, die durch vertragliche Vereinbarung jedoch angemessen erweitert werden können. Vereinbarungen mit dem Kapitalgeber zur Vergütung lassen sich einigermaßen flexibel treffen, wobei insgesamt die Grenze zur Mitunternehmerschaft nicht überschritten werden darf, wenn nicht eine atypisch stille Gesellschaft entstehen soll.
(a) Eigenkapitalfunktion
Rz. 353
Gem. § 232 Abs. 2 HGB nimmt der stille Gesellschafter einer typisch stillen Gesellschaft am Verlust der Gesellschaft nur bis zum Betrag seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage teil. Zu Nachschüssen ist er also nicht verpflichtet. Auch muss er den bezogenen Gewinn nicht wegen späterer Verluste zurückzahlen. Im Insolvenzfall und in der Liquidation besteht ein schuldrechtlicher Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben bei Beendigung der stillen Gesellschaft. Damit gibt es keinerlei Privilegierung anderer Gesellschaftsgläubiger ggü. dem stillen Gesellschafter. Da genau dies jedoch Voraussetzung für die Schaffung von Kapital mit wirtschaftlich eigenkapitalähnlicher Funktion ist, scheidet die typisch stille Gesellschaft zu Zwecken der mezzaninen Finanzierung immer dann aus, wenn bilanzverbessernde Maßnahmen aus Sicht des zu finanzierenden Unternehmens notwendig sind.
(b) Bilanzierung
Rz. 354
Da bereits eine wirtschaftlich eigenkapitalähnliche Funktion nicht herbeigeführt werden kann, liegt es auf der Hand, dass die typisch stille Beteiligung in allen gängigen Rechnungslegungssystemen (HGB, IFRS und US-GAAP) als Fremdkapital auszuweisen ist.
(c) Vergütung
Rz. 355
Die Vergütungsabrede mit dem typisch stillen Gesellschafter muss gem. § 231 Abs. 2 Halbs. 2 HGB zwingend eine gewinnabhängige Komponente aufweisen. Ein Ausschluss der Verlustbeteiligung ist hingegen gem. § 231 Abs. 2 Halbs. 1 HGB ohne weiteres möglich. Meist wird daher eine feste Verzinsung in Kombination mit einer gewinnabhängigen Komponente vereinbart. Möglich und üblich sind wiederum zusätzliche Kicker-Vereinbarungen.
Rz. 356
Zu beachten ist, dass durch bestimmte Gestaltungen der Vergütungsabrede ein Mitunternehmerrisiko des Kapitalgebers entstehen kann. Dies ist jedoch zu vermeiden, solange keine atypisch stille Gesellschaft entstehen soll. Erreicht werden kann dies i.d.R. durch den Ausschluss einer Beteiligung am Verlust oder aber auch durch den Ausschluss einer Beteiligung an den stillen Reserven.
Rz. 357
Auch bei einer stillen Gesellschaft mit einer AG führt die Vereinbarung einer gewinnabhängigen Vergütungskomponente zur Qualifizierung der Abrede als Teilgewinnabführungsvertrag i.S.d. § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Die bereits beim Nachrangdarlehen beschriebene Problematik...