Dr. Sebastian Hofert von Weiss
Rz. 173
Die Wandel- und die Optionsanleihe sind in § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG unscharf gemeinsam unter dem Oberbegriff "Wandelschuldverschreibung" als Schuldverschreibung, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird, definiert. Wandel- und Optionsanleihe sind jedoch klar zu unterscheiden. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit missverständlich. Obwohl nur im AktG ausdrücklich geregelt, sind beide Instrumente mit einem etwas höheren Aufwand auch bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung implementierbar.
(1) Erscheinungsformen
Rz. 174
Als Wandelanleihe bezeichnet man eine Schuldverschreibung, die mit einem Wandlungsrecht ausgestattet ist, aufgrund dessen der Gläubiger seinen Anspruch auf Rückzahlung des gewährten Darlehens sowie ggf. der aufgelaufenen Zinsen zu einem vorher festgelegten Wandlungsverhältnis in Aktien bzw. andere Gesellschaftsanteile tauschen kann. Die Rückzahlung des Darlehensbetrages entfällt im Fall der Ausübung und der Anleihegläubiger wird durch die Ausübung des Wandlungsrechts unmittelbar Aktionär bzw. Gesellschafter.
Rz. 175
Eine Optionsanleihe gewährt kein Umtauschrecht, sondern ein Bezugsrecht auf junge Aktien bzw. andere Gesellschaftsanteile des Unternehmens neben dem Rück- und ggf. Zinszahlungsanspruch. Dem Gläubiger steht weiterhin der Rückzahlungsanspruch gegen die Gesellschaft zu. Zusätzlich hat er das Optionsrecht, Anteile zu einem bestimmten Preis zu erwerben. Oftmals werden die Optionsrechte als sog. "naked warrants" auch getrennt von der Anleihe verbrieft, damit sie unabhängig von ihr gehandelt werden können.
(2) Begebungsvoraussetzungen
Rz. 176
Wandelschuldverschreibungen einer AG dürfen gem. § 221 Abs. 1 Satz 1 AktG nur auf der Grundlage eines Beschlusses ihrer Hauptversammlung ausgegeben werden. Der Beschluss ist mit einer Mehrheit von drei Vierteln des vertretenen Grundkapitals zu fassen, sofern in der Satzung nichts Abweichendes geregelt ist (§ 221 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 AktG). I.d.R. beschließt die Hauptversammlung allerdings nicht direkt die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen, sondern ermächtigt den Vorstand zu ihrer Ausgabe. Die Ermächtigung kann für die Dauer von höchstens 5 Jahren erteilt werden (§ 221 Abs. 2 Satz 1 AktG).
Die Zustimmung des Aufsichtsrates ist grds. nicht erforderlich. Ein Zustimmungserfordernis ergibt sich aber häufig aus der Geschäftsordnung des Vorstands bzw. der Geschäftsführung oder weil der Aufsichtsrat die Begebung ad hoc von seiner Zustimmung abhängig gemacht hat.
Rz. 177
Die Ausgabe einer Wandelschuldverschreibung stellt i.d.R. eine kursrelevante Tatsache dar. Die Gesellschaft ist daher verpflichtet, die notwendigen Ad-hoc-Meldungen gem. § 26 WpHG sowie gem. Art. 17 Market Abuse Regulation (MAR) vorzunehmen.
(3) Sicherstellung des Erfüllungsanspruchs
Rz. 178
Das Unternehmen, das die Wandelschuldverschreibungen begibt, hat sicherzustellen, dass im Fall der Wandlung oder der Ausübung des Optionsrechts die geschuldete Anzahl von Aktien an die Inhaber der Wandelschuldverschreibungen ausgegeben werden können.
Dazu wird i.d.R. ein bedingtes Kapital (vgl. § 192 Abs. 2 Nr. 1 AktG) geschaffen. Die Durchführung einer bedingten Kapitalerhöhung ist allerdings nur insoweit notwendig, als nicht auf eigene Aktien zurückgegriffen werden kann.
Zur Absicherung der Verpflichtungen aus Wandelschuldverschreibungen kann auch ein genehmigtes Kapital nach den §§ 202 ff. AktG genutzt werden. Die Schaffung genehmigten Kapitals ist jedoch schwerer zu handhaben und aufwendiger. In der Praxis wird genehmigtes Kapital daher nur in Ausnahmenfällen, in denen das bedingte Kapital erst noch geschaffen werden muss oder nicht ausreicht, verwendet.
Zulässig ist auch die Bedienung von Wandlungsrechten aus eigenen Aktien der Gesellschaft. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn der Ermächtigungsbeschluss über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen die Bedienung aus dem Bestand eigener Aktien ausdrücklich vorsieht.
(4) Bezugsrechtsausschluss
Rz. 179
Sollen die Wandelschuldverschreibungen im Wege der Privatplatzierung an den Kapitalm...