Dr. Wolfgang Kürschner, Dr. iur. Sebastian Müller
Rz. 41
In persönlicher Hinsicht wirkt der Vergleich nur für und gegen die unmittelbaren Vergleichsparteien. Unter anderem wegen des Verbotes von Verträgen zulasten Dritter und wegen des Vorrangs zwingenden Rechts ist ein Vergleich nur wirksam, wenn das "Rechtsverhältnis" im Sinne des § 779 BGB sachlich und persönlich der Dispositionsbefugnis der Parteien unterliegt. Auf Seiten des Verletzten bleiben daher die selbstständigen Ansprüche Dritter, insbesondere aus §§ 844, 845 BGB, sowie die nach § 116 SGB X (im Unfallzeitpunkt) und den analogen Bestimmungen auf die Versicherungsträger übergegangenen Ansprüche vorbehaltlich des § 407 BGB bestehen. Ebenso sind Ansprüche dritter Personen aus Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag vom Vergleich nicht betroffen, sofern sie bei Vertragsabschluss bereits entstanden sind. Vorsicht ist jedoch geboten hinsichtlich solcher Ansprüche, die erst nach Vergleichsabschluss auf einen Dritten übergehen würden: Für Lohnfortzahlung nach Abschluss eines Abfindungsvergleiches mit dem geschädigten Arbeitnehmer kann dessen Arbeitgeber den Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht mehr auf Erstattung in Anspruch nehmen.
Rz. 42
Denn nach § 6 EFZG geht der Schadensersatzanspruch des geschädigten Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber erst dann über, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt für den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit fortgezahlt bzw. die im Gesetz bezeichneten Beiträge abgeführt hat. Bei Ansprüchen aus berufsständischen Versorgungswerken und der privaten Kranken- und Pflegeversicherung erfolgt der Anspruchsübergang gem. § 86 VVG erst mit der tatsächlichen Leistung der Leistungsträger. Sieht der Abfindungsvergleich einen Verzicht des Geschädigten auf weitergehende Ersatzansprüche ohne Einschränkung vor, kann darin auch ein Verzicht auf solche nach § 86 VVG übergehende Ansprüche liegen und dadurch der Drittleistungsträger nach den vertraglichen Vereinbarungen oder der Satzung leistungsfrei werden. Daher sollte aus Sicht des Geschädigten eine Vorbehaltserklärung in den Abfindungsvergleich aufgenommen werden, damit dieser nicht seine Leistungsansprüche gegen die Privatversicherung verliert.
Rz. 43
Die auf den Träger der gesetzlichen Krankenversicherung auflösend bedingt übergegangenen Schadensersatzansprüche fallen bei Beendigung der Mitgliedschaft des Unfallgeschädigten auf diesen zurück. Der in einem Abfindungsvergleich zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Haftpflichtversicherer enthaltene Erlass der Ersatzansprüche ist gegenüber dem Geschädigten unwirksam, soweit dessen Rechte dadurch vereitelt oder beeinträchtigt werden. Aufseiten des Schädigers wirkt der Vergleich gegenüber anderen Gesamtschuldnern nur nach § 423 BGB, also grundsätzlich gar nicht. Es tritt lediglich in Höhe der gezahlten Beträge Erfüllung ein, sodass die anderen Gesamtschuldner nur auf den über die Vergleichssumme hinausgehenden Schaden in Anspruch genommen werden können. Geschieht dies, so haben sie eventuell einen Ausgleichsanspruch gegen den Vergleichspartner. Deshalb ist es zweckmäßig, dass sich der Schädiger im Vergleich vom Verletzten die Ansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner abtreten lässt. Ein Verzicht auf die Ansprüche gegen Dritte ist nicht unbedingt ausreichend, da diese erst nach § 397 BGB zustimmen müssten. Bloße Mitteilung nach § 151 BGB genügt nicht, weil die Annahme des Verzichts regelmäßig die Billigung des gesamten Vergleichs voraussetzt. Diese ist aber keineswegs selbstverständlich zu erwarten. Hat der Verletzte im Vergleich auf Ansprüche gegen dritte Personen verzichtet, so kann dieser Verzicht dem Dritten im Zweifel ein selbstständiges Leistungsverweigerungsrecht gewähren.
Rz. 44
Hinsichtlich der Vertretung gelten grundsätzlich §§ 164 ff. BGB. Ein vom Haftpflichtversicherer mit dem Geschädigten geschlossener Vergleich ist auch gegenüber dem Versicherungsnehmer wirksam. Denn der Versicherer ist gem. Ziff. 5.2 AHB bzw. Ziff. E.1.1.4 AKB im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten und anderen bei der Schadensregulierung mitwirkenden oder beteiligten Personen (z.B. Rechtsnachfolger des Geschädigten, Prozessbevollmächtigten, Behörden, Gerichten etc.) zur Abgabe der gebotenen Erklärungen bevollmächtigt. Dem entspricht im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer eine entsprechende Geschäftsführungsbefugnis, kraft derer der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber befugt ist, weisungsunabhängig alle mit der Schadensregulierung zusammenhängenden Maßnahmen zu treffen und hierüber Rechtsgeschäfte abzuschließen, vor allem auch einen Vergleich oder den Haftpflichtanspruch anzuerkennen. Im Rahmen der Pflichtversicherung ist der Versicherer selbst Schuldner des Direktanspruches, § 115 Abs. 1 VVG; er vergleicht sich dann auch im eigenen Namen, soweit die Deckungspflicht reicht. Der Vergleich kann von den Eltern als Inhabern der elterlichen Sorge für das Kind ohne, vom Vormund nur mit Zustimmung des Vormundschaftsgerichts abgeschlossen werden, §§ 1...