Dr. Wolfgang Kürschner, Dr. iur. Sebastian Müller
Rz. 47
Durch den Abschluss eines Vergleichs, an dem ein Rechtsanwalt beteiligt ist, sogar bei Abschluss eines Vertrages, durch den – ohne dass ein gegenseitiges Nachgeben vorliegt, der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht – fällt für den Rechtsanwalt die Einigungsgebühr gem. Nr. 1000 VV RVG (Anlage zu § 2 Abs. 2 RVG) an. Damit ist aber noch nicht gesagt, wer die Kosten des Vergleichs und die bis dahin aufgelaufenen weiteren Kosten zu tragen hat. Enthält ein Abfindungsvergleich keine Regelung darüber, so sollen damit im Zweifel alle bisher aufgelaufenen Kosten von der Partei getragen werden, bei der sie entstanden sind, es entfällt also jedweder Kostenerstattungsanspruch.
Rz. 48
Klimke meint, nach einer "fast zum Gewohnheitsrecht erstarkten Übung der Praxis" sei davon auszugehen, dass der Ersatzpflichtige auch ohne eine derartige Vereinbarung zusätzlich die Kosten des vom Gläubiger beauftragten Rechtsanwalts unter Einschluss der Vergleichsgebühr zu erstatten habe. Jedenfalls wird regelmäßig einem Geschädigten materiell-rechtlich ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB auf Erstattung der durch die notwendige Hinzuziehung eines Anwalts entstandenen Gebühren zustehen.
Rz. 49
Schließen die Parteien vor Gericht einen Vergleich, so gibt es mehrere Möglichkeiten: Die häufigste und meist auch sinnvollste ist die, dass die Parteien im Vergleich selbst eine Bestimmung über die Kostentragungspflicht aufnehmen. Diese hat dann Vorrang. Wenn die Parteien eine Kostenregelung im Vergleich nicht für nötig hielten, so soll auch das Gericht nicht mehr sonderlich sich mit der Kostenfrage beschäftigen müssen, deshalb schreibt § 98 S. 1 Hs. 1 ZPO vor, dass die Kosten dann als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass die Parteien sich zwar nicht auf eine Kostenregelung einigen können, die Kostenfolge des § 98 ZPO jedoch auch nicht für sachgerecht halten und deshalb wünschen, dass das Gericht über die Kostentragungspflicht nach § 91a ZPO entscheiden möge.
Rz. 50
Nehmen die Parteien in die Kostenregelung ihres Vergleichs nicht ausdrücklich auf, dass die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Mehrkosten (analog § 281 Abs. 3 ZPO) vom Kläger zu tragen sind, so sind alle Kosten des Rechtsstreits von dieser Vergleichsregelung erfasst. Dies gilt entsprechend auch für sonstige Mehrkostentatbestände, die im Fall einer gerichtlichen Kostenentscheidung zu berücksichtigen wären (vorausgegangene teilweise Klagerücknahme oder Teilerledigung, Kosten der Säumnis etc.). Dagegen sind im Zweifel von einer vergleichsweisen Kostenverteilung nicht erfasst Kosten eines vorangegangenen Beschwerde- oder Revisionsverfahrens, wenn insoweit eine rechtskräftige Kostenentscheidung ergangen war.