a) VDI-Richtlinie 2700
Rz. 14
Die VDI-Richtlinie 2700 enthält die gegenwärtig anerkannten Beladungsregeln (OLG Düsseldorf NZV 1990, 323; BayObLG DAR 2002, 526; NZV 2003, 540). Sowohl Fahrer als auch Halter müssen sich Kenntnis hiervon verschaffen und können sich nur bei deren Einhaltung exkulpieren.
Rz. 15
Tipp: Vertrauensschutz
Derjenige, der diese Regeln eingehalten hat, genießt dann vollen Vertrauensschutz, auch wenn die Richtlinie in einem Einzelfall nicht ausreichen sollte (BayObLG NZV 2003, 540).
b) Verantwortliche Personen
aa) Fahrer und Halter
Rz. 16
Der Fahrer ist - neben dem Halter, der ihn durch gelegentliche und überraschende Stichproben kontrollieren (OLG Hamm NZV 2004, 51; OLG Naumburg zfs 2018, 652), ihn aber auch durch geeignete Mittel in die Lage versetzen muss, das Ladegewicht zu bestimmen oder zumindest eine Überladung zu vermeiden (OLG Frankfurt zfs 2019, 709) - für die Sicherung der Ladung und die Einhaltung der zulässigen Höchstgewichte verantwortlich. Er darf sich allerdings bei der Übernahme eines bereits beladenen Lkws auf die Angaben des Verladers verlassen und braucht - wenn nicht ausnahmsweise Anzeichen für eine Überladung vorliegen - das Gewicht nicht selbst zu ermitteln (OLG Düsseldorf NZV 1997, 192).
Rz. 17
Dem Fahrer kann auch nicht immer vorgeworfen werden, dass er die Überladung nicht am Umfang der übernommenen Ladung erkannt hat. Das gilt namentlich dann, wenn das Gewicht in Abhängigkeit von Materialart und Trockenzustand Schwankungen unterworfen ist (OLG Düsseldorf DAR 1997, 83).
Rz. 18
Deuten dagegen gewichtige Indizien, wie z.B. über die Bordwand hinaus ragende Ladung und niedergedrückte Reifen (AG Eggenfelden DAR 2003, 478) auf eine Überladung hin, darf der Fahrer nicht bis zu einer Veränderung des Lkw-Fahrverhaltens abwarten, sondern muss sofort reagieren (OLG Stuttgart NZV 1996, 417), zumal bei schweren Lkws moderner Bauart die im mittleren Bereich liegenden Überladungen am Fahrverhalten selbst nicht mehr wahrnehmbar sind. Er muss sich dann schnellstmöglich mit einer Wiegung Sicherheit verschaffen (OLG Koblenz NZV 1997, 194). Dies gilt vor allem bei Material, das wie z.B. Holz je nach Zustand unterschiedliches spezifisches Gewicht haben kann (OLG Stuttgart NZV 2003, 541; AG Lüdinghausen DAR 2010, 152).
Nach Auffassung des OLG Frankfurt (zfs 2019, 709) soll es nicht darauf ankommen, ob der Fahrer die Überladung erkennen konnte, vielmehr soll es für einen Fahrlässigkeitsvorwurf ausreichen, wenn er sich nicht die für das Erkennen einer Überladung notwendigen Mittel von dem Arbeitgeber besorgt hat.
Soll dem Halter ein Verstoß gegen die ihm gem. § 32 Abs. 2 StVO obliegende Aufsichts- und Überwachungspflicht vorgeworfen werden, muss angegeben werden, woraus sich gerade die Kenntnis des Halters von der unzulässigen Inbetriebnahme des Fahrzeuges ergeben soll.
Der Tatbestand ist nämlich nicht bereits durch eine ungenügende Ladungssicherung oder Überladung erfüllt, sondern besteht im Anordnen oder der Zulassung der Fahrt trotz Kenntnis ihrer Unzulässigkeit (OLG Bamberg zfs 2018, 652), sofern dem Halter nicht vorgeworfen werden kann, dem Fahrer nicht die für das Erkennen einer Überladung erforderlichen Mittel an die Hand gegeben zu haben (OLG Frankfurt zfs 2019, 709).
bb) Verlader
Rz. 19
Während die meisten Normen der StVO eine Verantwortlichkeit an bestimmte Funktionen knüpft, richtet sich die Pflicht zur ordnungsgemäßen Sicherung der Ladung gem. § 22 StVO an alle Personen, die mit der Ladung befasst sind, also auch an den Verlader (OLG Celle NStZ-RR 2007, 215).
Achtung: Gilt nicht für Überladung
Die in §§ 31 Abs. 2, 34 Abs. 3 StVZO normierte Pflicht, nicht zu überladen, richtet sich jedoch ausdrücklich nur an Fahrer und Halter und kann deshalb nicht auf den Verlader oder Leiter der Ladearbeiten erstreckt werden (AG Weilheim NZV 2013, 461).
Unklarheit besteht oft auch darüber, was zur Ladung zählt. Hierzu gehören jedenfalls nicht die Ausrüstungs- und Ausstattungsteile (VKBl 83, 464). Teile jedoch, die zu Ladungszwecken mitgeführt werden, wie z.B. ein am Fahrzeugheck mitgeführter Gabelstapler, sind dem Ladungsgewicht hinzuzurechnen (BayObLG NZV 1999, 479).
Rz. 20
Tipp: Toleranzabzug
Früher gewährte die Rechtsprechung einen Toleranzabzug von 5 % des Gewichts der Ladung (OLG Stuttgart NZV 1996, 417), obwohl nach der Weisung des Bundesverkehrsministeriums (BMV VBL 1991, 270) bei den in § 34 Abs. 4-6 StVZO geregelten zulässigen Achslasten keine Toleranz mehr eingeräumt werden sollte.
Das OLG Stuttgart hat mit Beschl. v. 19.7.2011 - 13 s 156/11 - diese Rechtsprechung aufgegeben und ist auf die früher bereits vom OLG Koblenz (DAR 2006, 341) vertretene Linie umgeschwenkt. Jetzt wird nur noch ein Abzug in Höhe der doppelten Eichfehlergrenze (die sich aus dem Eichschein ergibt) gewährt, d.h. bei 40 t werden16 kg abgezogen.
c) Urteilsanforderung
Rz. 21
Im Urteil muss angegeben werden, ob das Fahrzeug auf einer geeichten Waage gewogen wurde und welche Messtoleranz hierbei berücksichtigt worden ist (OLG Celle zfs 1998, 235). Darüber hinaus müssen selbst im Falle einer erheblichen Überladung (hier um 74 %) di...