Rz. 150

Aus den verschiedensten Gründen kann sich der Nachlass oder können sich einzelne Nachlassgegenstände im Besitz eines nur vermeintlichen Erben befinden. Als solche Gründe kommen in der Praxis am häufigsten vor:

(1) das nachträgliche Auffinden eines Testaments,
(2) die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung oder
(3) die nachträglich festgestellte Unwirksamkeit oder Unechtheit einer Verfügung von Todes wegen.[170]
(4)

Nichtehelichenerbrecht: Mit dem Zweiten Gesetz zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder, zur Änderung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung (Zweites ErbRGleichG) vom 12.4.2011[171] hat die Gesetzgebung auf das Urteil des EGMR vom 28.5.2009 reagiert. Das Reformgesetz geht davon aus, dass ab dem Tag nach der Verkündung des Urteils des EGMR vom 28.5.2009, also ab dem 29.5.2009, kein Vertrauensschutz für die alte Rechtslage mehr besteht. Deshalb wurde für alle Erbfälle, die seit dem 29.5.2009 eingetreten sind und in Zukunft noch eintreten werden, die Zeitgrenze 1.7.1949 des Art. 12 § 10 Abs. 2 NEhelG aufgehoben, Art. 5 S. 2 Zweites ErbRGleichG. Nunmehr haben bei Eintritt des Erbfalls seit 29.5.2009 die vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kinder uneingeschränktes gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach dem Vater und den väterlichen Verwandten (erste Erbenordnung gem. §§ 1924, 2303, 2309 BGB).

Die Rückwirkung des Gesetzes auf den 29.5.2009 kann zur Rückabwicklung bereits abgeschlossener Erbfälle führen.

[170] OLG München, Beschl. v. 29.3.2007 – 31 Wx 6/07, jurisPR-FamR 12/2007 Anm. 1; BayObLG FamRZ 1996, 308.
[171] BGBl I 2011, 615; die Änderungen der ZPO und der AO betreffen das Erbrecht nichtehelicher Kinder in keiner Weise.

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