Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
a) Aufklärungs- und Belehrungspflicht des Notars
Rz. 124
Den Notar, der eine entsprechende Verfügung beurkundet, trifft gem. § 17 BeurkG eine Belehrungspflicht über die mögliche Unwirksamkeit und die Genehmigungsfähigkeit gem. § 14 Abs. 6 HeimG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften.
Rz. 125
Praxishinweis
Aufgrund der teilweisen Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verbotsnormen in den Landesgesetzen ist es für den Testamentsgestalter ebenso wichtig, den Sachverhalt genau darauf zu untersuchen, ob der Anwendungsbereich einer Verbotsnorm eröffnet ist. Dies ist oftmals nicht einfach, weil auch Zuwendungen zugunsten von Beschäftigten oder Angehörigen von Beschäftigten dem Zuwendungsverbot unterfallen können.
Besondere Brisanz bekommt die Gesamtproblematik dadurch, dass auch Zuwendungen dritter Personen an den Träger oder Beschäftigte als Zuwendungen zugunsten eines Heimbewohners angesehen werden und daher dem Zuwendungsverbot unterstehen können.
Gegebenenfalls muss bei jeder Zuwendung an eine familienfremde Person erfragt werden, was der Beweggrund für die Zuwendung ist und ob nicht ein Anwendungsfall einer Verbotsnorm vorliegt.
Rz. 126
Als Testamentsgestalter wird man sich auch nach Inkrafttreten der landesrechtlichen Einzelregelungen in dem Dilemma befinden, in Anwendungsfällen einer einschlägigen Verbotsnorm, in denen ein Einvernehmen mit dem Zuwendungsempfänger noch nicht herbeigeführt ist, eine Empfehlung für das weitere Vorgehen auszusprechen.
Rz. 127
Grundsätzlich bestehen zwei Möglichkeiten:
1. Einmal die Einholung einer Ausnahmegenehmigung nach § 14 Abs. 6 HeimG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Wird diese allerdings verweigert, hat der Zuwendungsempfänger durch das Verwaltungsverfahren auf jeden Fall Kenntnis von der geplanten Zuwendung erlangt, ein Einvernehmen ist damit hergestellt, die testamentarische Verfügung kann nicht mehr wirksam werden.
2. Zum anderen besteht die Möglichkeit des Schweigens, wenn der Zuwendungsempfänger noch keine Kenntnis von der geplanten Zuwendung hat. Allerdings wird ein Einvernehmen angenommen, wenn der Zuwendungsempfänger oder ein Wissensvertreter später Kenntnis von der testamentarischen Zuwendung erlangt, sodass es von Zufällen abhängig ist (bspw. unbedachtes Gespräch), ob die Verbotsnorm einschlägig ist.
b) Verbot der Beurkundung unwirksamer Rechtsgeschäfte
Rz. 128
Nach § 1 BNotO übt der Notar ein öffentliches Amt aus. Kernbereich notarieller Aufgaben sind die Beurkundungstätigkeit und die damit zusammenhängende unparteiische Betreuung der Beteiligten (§ 14 BNotO) und deren Belehrung über die beurkundeten Rechtsgeschäfte (§ 17 BeurkG).
Beurkundungstätigkeiten, die diesen Anforderungen genügen, stellen den Kernbereich notarieller Amtsausübung dar.
Der Notar hat nach § 14 BNotO gemäß der Rechts- und Sittenordnung sein Amt auszuüben, d.h. darauf hinzuwirken, dass rechtswirksame Rechtsgeschäfte zustande kommen.
c) Urkundengewährung durch Notar – Pflicht zur Amtsausübung
Rz. 129
Die Urkundsgewährungspflicht des Notars nach § 15 BNotO folgt aus seinem Beurkundungsmonopol. Der Notar darf seine Amtstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Anderenfalls begeht er eine Dienstpflichtverletzung.
Rz. 130
Gründe, die die Weigerung rechtmäßig erscheinen lassen, sind
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alle Ablehnungsgründe (§§ 3, 4, 6, 7 BeurkG) |
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rechtliche Bedenken gegen das vorgesehene Geschäft |
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Überlastung des Notars: Wenn der Notar mit Amtsgeschäften derart überhäuft ist, dass es ihm auch unter Zuhilfenahme von Hilfskräften nicht möglich ist, das Geschäft ordnungsgemäß auszuführen. |
Rz. 131
Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die seit 1.8.2002 geltende Regelung des Beurkundungsrechts in Bezug auf die Errichtung von Verfügungen von Todes wegen durch mehrfach Behinderte. Der Notar ist im Hinblick auf § 15 BNotO grundsätzlich nicht berechtigt, wegen "großer Schwierigkeiten" die Beurkundung abzulehnen.
d) Schadensersatzpflicht des Notars
Rz. 132
Will ein im Heim befindlicher Erblasser zugunsten des Heimträgers ein notarielles Testament errichten, ist der Notar sowohl gegenüber dem Erblasser als auch gegenüber dem Heimträger als dem Begünstigten verpflichtet, auf die Bedenken gegen die Wirksamkeit des Testaments im Hinblick auf § 14 HeimG hinzuweisen und über die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung zu belehren. Andernfalls verletzt er seine Belehrungspflicht gem. § 17 BeurkG.
Dies kann im Einzelfall zu einer Schadensersatzpflicht gem. § 19 BNotO führen.
Der Heimträger muss sich ein hälftiges Mitverschulden anrechnen lassen, wenn der Heimleiter bei der notariellen Beurkundung zugegen war und seinerseits nicht auf eine Beachtung des § 14 HeimG hingewirkt hat (Rechtsprechung des OLG München, vom BGH bestätigt).