Dr. iur. Marcus Hartmann, Walter Krug
Rz. 94
Allerdings: Das Testament des Angehörigen eines Heimbewohners, mit dem der Heimträger zum Nacherben eingesetzt wird und von dem dieser erst nach dem Tode des Erblassers erfährt, ist nicht nach § 14 HeimG i.V.m. § 134 BGB unwirksam.
Rz. 95
In dem vom BGH am 26.11.2011 entschiedenen Fall hatte der Erblasser ein sog. Behindertentestament errichtet.
Fall
Der Sohn des verwitweten Erblassers, dessen einziges Kind, war schwer behindert und lebte in einer Einrichtung, die Wohnheime und Tagesförderstätten für Menschen mit schwerer Behinderung umfasst. In einem notariellen Testament setzte der Erblasser seinen Sohn zu seinem nicht befreiten Vorerben und die Einrichtung zum Nacherben sowie zum Ersatzerben ein. Über dieses Testament wurde der Heimträger erst nach dem Tode des Erblassers informiert. Der Sohn hat nach dem Tode seines Vaters die Erteilung eines Erbscheins des Inhalts beantragt, dass er unbeschränkter Alleinerbe geworden sei, weil die Einsetzung des Heimes gegen § 14 HeimG verstoße und deshalb gem. § 134 BGB (gesetzliches Verbot) nichtig sei.
Rz. 96
Sowohl Nachlassgericht als auch Landgericht (Beschwerdegericht nach dem bis 31.8.2009 geltenden FGG) wiesen den Erbscheinsantrag zurück. Das nach Einlegung der weiteren Beschwerde zuständige OLG legte die Sache dem BGH zur Entscheidung vor, weil das OLG von einer Entscheidung des OLG München abweichen wollte.
In einer Entscheidung aus dem Jahr 1996 hatte der BGH die Nichtigkeit eines Testaments eines Heimbewohners allein mit der Kenntnis der dort Bedachten bzw. ihrer Wissensvertreter begründet.
Allerdings war nicht der Heimbewohner in dem vom BGH zu entscheidenden Fall der zuwendende Erblasser, sondern der Vater des Heimbewohners, der als Erblasser dem Heimträger eine letztwillige Zuwendung gemacht hat.
Rz. 97
Der BGH stellte Heimbewohner und seinen Angehörigen gleich:
Zitat
"Dies ist (…) jedenfalls nicht dann anders zu beurteilen, wenn das den Heimträger begünstigende Testament nicht vom Heimbewohner, sondern von einem seiner Angehörigen stammt und der Heimbewohner nach dem Tode des Erblassers weiterhin im Heim des Trägers lebt."
Rz. 98
Der BGH zu den Grenzen des § 14 HeimG:
Zitat
"Ein Eingreifen des an den Heimträger gerichteten Verbots setzt voraus, dass dieser sich etwas "versprechen oder gewähren" lässt. Eine einseitige Willenserklärung oder Betätigung des Gebers genügt mithin nicht; es muss eine Annahmeerklärung des Empfängers oder ein entsprechendes vorangegangenes Verlangen hinzukommen. Am notwendigen Merkmal des "sich gewähren lassen" fehlt es deshalb nach allgemeiner Auffassung beim "stillen" Testament eines Heimbewohners, von dem der Heimträger bis zum Eintritt des Erbfalles keine Kenntnis erlangt hat."
Rz. 99
Diese Rechtsprechung stimmt mit derjenigen des BVerfG überein. Dieses hat die in § 14 HeimG enthaltene Einschränkung der Testierfreiheit des Heimbewohners als verfassungskonform unter anderem mit der Erwägung gebilligt, eine Unverhältnismäßigkeit der Regelung zur Erreichung der mit ihr verfolgten Zwecke liege nicht vor, weil testamentarische Verfügungen, die dem Betroffenen nicht mitgeteilt und im Stillen angeordnet werden, stets zulässig seien; aus fehlender Kenntnis folge die Wirksamkeit des Testaments.