Rz. 118

Nach Ziff. 4.1 des Modells von 2005 umfasste der Versicherungsschutz sowohl die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr unbegründeter als auch die Befriedigung begründeter Schadenersatzansprüche. Die D&O-Versicherung übernahm damit nach dem Modell in sachlicher Übereinstimmung mit den §§ 149, 150 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. eine Abwehr- und Schadenausgleichsfunktion. Die Abwehr- und Schadenausgleichsfunktion ist die Hauptpflicht des Versicherers aus dem Vertrag. Ab dem Modell von 2007 hat der GDV – aufbauend auf den sich seinerzeit bereits anbahnenden Änderungen durch die VVG-Reform – den Wortlaut der Ziff. 4.1 vollständig neu gefasst. Der Versicherungsschutz umfasst (ab dem Zeitpunkt bereits klarer formuliert) die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche und die Freistellung der versicherten Personen von berechtigten Schadenersatzverpflichtungen (Ziff. 4.1 Abs. 1). Der Versicherer hat ein Wahlrecht, ob er Abwehr betreibt oder Freistellung gewährt.[340] Berechtigt sind Schadenersatzverpflichtungen dann, wenn die versicherten Personen aufgrund Gesetzes, rechtskräftigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleichs zur Entschädigung verpflichtet sind und der Versicherer hierdurch gebunden ist. Anerkenntnisse und Vergleiche, die von den versicherten Personen ohne Zustimmung des Versicherers abgegeben oder geschlossen worden sind, binden den Versicherer nur, soweit der Anspruch auch ohne Anerkenntnis oder Vergleich bestanden hätte (Ziff. 4.1 Abs. 2). Ist die Schadenersatzverpflichtung der versicherten Person mit bindender Wirkung für den Versicherer festgestellt, hat der Versicherer die versicherten Personen binnen zwei Wochen vom Anspruch des Dritten freizustellen (Ziff. 4.1 Abs. 3).[341]

 

Rz. 119

Was zu den Abwehrkosten im Einzelfall zählt oder zählen kann, wird nicht ganz einheitlich beurteilt. Nicht gänzlich einhellig wurde in den letzten Jahren in der Literatur die Frage beurteilt, ob etwa die Kostenklausel in Ziff. 4.4 des Modells bis 2011 hinreichend transparent gewesen ist. Vereinzelt kam es zu Kritiken.[342] Im aktuellen Modell von Mai 2013 ist diese Kostenklausel nicht mehr enthalten. Vielmehr ist die Kostenanrechnung nunmehr abschließend in Ziff. 4.3 Abs. 1 S. 2 geregelt (vgl. dazu die Ausführungen ab Rdn 125 ff.).

Jedenfalls gelten die zugrunde liegenden Regelungen der §§ 100 ff. VVG. Danach ist dann aber – als weitere Voraussetzung – zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen bzw. die Kosten den "Umständen nach geboten sein müssen" (vgl. § 101 Abs. 1 S. 2 VVG).[343]

 

Rz. 120

 

Beispiel

In einem sog. Innenregressverfahren zwischen einer klagenden Bank gegen ihren ehemaligen Vorstand, dem man Sorgfaltspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Kreditgeschäften vorwirft, steht die versicherte Person auf dem Standpunkt, dass zu ihren Gunsten ein Sachverständigengutachten – mithin also ein Privatgutachten – eingeholt werden soll, das darlegt, dass ihn keine Sorgfaltspflichtverletzungen treffen. Bei dieser Sachlage bleibt offen, ob die Einholung dieses Sachverständigengutachtens – unter den gegebenen Umständen – geboten ist. Kann der in Anspruch genommene Vorstand jedoch gar nicht anders, als sich durch Beiziehung eines Sachverständigengutachtens zu verteidigen, greifen jedenfalls die grundlegenden Regelungen der §§ 100 ff. VVG ebenfalls ein, so dass insofern Deckungsschutz besteht.

 

Rz. 121

Einzelne Bedingungswerke sehen – soweit keine Einigung über die Höhe der Abwehrkosten erzielt wird – schiedsgerichtliche Verfahren zur Entscheidung der Streitfrage vor. Dann ist § 1031 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen. Vgl. im Einzelnen zum Umfang und zur Problematik der Anrechnung der Kosten auf die Versicherungssumme die nachfolgenden Ausführungen unter 2.b), siehe Rdn 123 ff.

[340] St. Rspr. u.a. OLG München, VersR 2009, 540, 541; BGH, NJW 1956, 826, 827.
[341] Lange, r+s 2007, 401 ff.; Langheid/Goergen, VP 2007, 161 ff.
[342] Zum möglichen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vgl. u.a. bereits früh Beckmann/Matusche-Beckmann/Beckmann, § 28 Rn 85; Säcker, VersR 2005, 10, 14 und schließlich nunmehr OLG Frankfurt am Main r+s 2011, 512 (nicht rechtskräftig) zur möglichen Unwirksamkeit von der "Kostenanrechnungsklausel".
[343] "Gebotene Stundenzahl"; "übliche Stundensätze" (ca. 250–450 EUR) sind im Zweifel zu erstatten; vgl. auch BGH NJW 2003, 2386: Bei einem bis zu fünffachen RVG-Betrag jedenfalls keine Sittenwidrigkeit (zur alten Rechtslage!).

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