Rz. 47
Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erzielt derjenige, der Mitunternehmer des Betriebs der Personengesellschaft ist. Dabei ist nach herrschender Meinung derjenige Mitunternehmer, der zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, oder – in Ausnahmefällen – wer aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses eine einem Gesellschafter wirtschaftlich vergleichbare Stellung (§ 39 Abs. 2 AO) innehat oder wer wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist. Mitunternehmer ist (nur), wer aufgrund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses oder wirtschaftlich damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses mit anderen Personen Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Unter Mitunternehmerinitiative wird die Teilhabe an den unternehmerischen Entscheidungen verstanden und Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines Gewerbebetriebs.
a) Mitunternehmerstellung bei Vorbehaltsnießbrauch
Rz. 48
Der Gesellschafter ist regelmäßig Mitunternehmer der Gesellschaft, weil der Anteil selbst die Mitunternehmerstellung begründet. Er verbleibt auch grundsätzlich dann in seiner Mitunternehmerstellung, wenn auch der Nießbraucher als Mitunternehmer anzusehen ist. Der Nießbraucher wird dann neben dem Gesellschafter Mitunternehmer, wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Er trägt zwar nur ein geringeres Mitunternehmerrisiko, da ihm nur der entnahmefähige Gewinnanteil zusteht. Sofern ihm jedoch die Mitwirkungs- und Verwaltungsrechte eines Personengesellschafters, d.h. insbesondere das Stimmrecht in den laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft oder die Kontroll- und Widerspruchsrechte der § 716 BGB, §§ 164, 166 HGB zustehen oder er für die Schulden der Gesellschaft mithaftet, ist er regelmäßig als Mitunternehmer der Gesellschaft anzusehen. Laufende Angelegenheiten umfassen auch außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen und deren Billigung durch die Gesellschafter. Auch die Beschlussfassung über die jährliche Rechnungslegung (was für den Nießbraucher besonders relevant ist) und Gewinnverwendung wird zu den laufenden Angelegenheiten gerechnet. Stimmrechtsvollmachten zugunsten des Nießbrauchers können für die Anerkennung der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters nach der BFH-Rechtsprechung unschädlich sein, wenn der Gesellschafter zumindest grundsätzlich seine Stimmrechte noch ausüben kann und sich nicht im Innenverhältnis dazu verpflichtet, deren Ausübung ausschließlich dem Nießbraucher zu überlassen. Für nähere Ausführungen wird auf das unter Rdn 56 Ausgeführte und auf weiterführende Literatur verwiesen.
Praxishinweis
Der BFH hat 2017 entschieden, dass die Buchwertfortführung i.S.d. § 6 Abs. 3 EStG zu versagen ist, wenn ein Einzelunternehmen unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird. Der BFH stützt dies darauf, dass eine solche Zuwendung des Einzelunternehmens nicht unter § 6 Abs. 3 EStG fallen kann. Entscheidend war für den X. Senat, dass § 6 Abs. 3 EStG ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Einstellung der gewerblichen Tätigkeit enthalte, das beim Vorbehaltsnießbrauch am Einzelunternehmen nicht erfüllt sei, da der Übergeber weiterhin als Nießbraucher unternehmerisch tätig sei. Das BFH-Urteil wird in der Literatur stark kritisiert. Aktuell ist ein weiteres Verfahren bezüglich dieser Thematik beim BFH anhängig. Die Finanzverwaltung hat in dem BMF-Schreiben vom 20.11.2019 ausgeführt, dass der Nießbrauchsvorbehalt an Mitunternehmeranteilen für die Buchwertfortführung des § 6 Abs. 3 EStG hingegen unschädlich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können bei einer Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt sowohl der Erwerber als auch der Nießbraucher, soweit eine entsprechende Ausgestaltung vorliegt, nebeneinander Mitunternehmer werden (doppelte Mitunternehmerstellung). In der jüngeren BFH-Rechtsprechung wurde diese doppelte Mitunternehmerstellung nun verneint, der BFH scheint nunmehr generell die Auffassung zu vertreten, dass es eine horizontale Spaltung der Mitunternehmerstellung bei Gesellschaftsanteilen nicht geben kann. Die Finanzverwaltung hat sich hierzu bisher noch nicht abschließend geäußert. Aufgrund dieser neuen abweichenden Rechtsauffassung besteht hinsichtlich der Mitunternehmerstellung des Nießbrauchers eine große Rechtsunsicherheit. Für weitere Ausführungen wird auf weiterführende Literatur verwiesen.
In der Praxis sollte aufgrund der Rechtsunsicherheit die Mitunternehmerstellung mit einer verbindlichen Au...