Rz. 57
Bei Schenkung eines Mitunternehmeranteils i.S.d. §§ 13a, 13b ErbStG unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist zu beachten, dass gemäß § 10 Abs. 6 S. 4 und 5 ErbStG der Abzugsbetrag in Höhe des gewährten Verschonungsabschlags gekürzt wird. Demnach ist bei einer Regelverschonung für Betriebsvermögen von 85 % der kapitalisierte Nießbrauch mit 15 % zu berücksichtigen. Bei Inanspruchnahme der Optionsverschonung entfällt der Abzug des kapitalisierten Nießbrauchs vollständig.
Beispiel
Vater (V) (65 Jahre) überträgt seinem Sohn (S) im Jahr 2021 seinen Anteil in Höhe von 30 % an der X-KG (Steuerwert des Anteils 3,783 Mio. EUR) unter Nießbrauchsvorbehalt unentgeltlich. V nimmt weiterhin Gesellschafterrechte wahr. Der durchschnittliche entnahmefähige Gewinnanteil des V beträgt 400.000 EUR. Die KG beschäftigt 25 Arbeitnehmer. Die Voraussetzungen der Regelverschonung (85 %-Abschlag) sind vollumfänglich erfüllt. Die Optionsverschonung (= 100 %ige Steuerbefreiung) will S nicht nutzen). Vorschenkungen an S liegen nicht vor.
Kapitalwert des Nießbrauchs
Jahreswert (entnahmefähiger Gewinnanteil) |
EUR |
400.000 |
Höchstbetrag gem. § 16 BewG (18,6 von 3.783.000 EUR) |
EUR |
203.387 |
Kapitalisierungsfaktor |
|
11,532 |
Kapitalwert |
EUR |
2.345.459 |
Wert des Anteils |
EUR |
3.783.000 |
Verschonungsabschlag: 85 % von 3.783.000 EUR |
EUR |
3.215.550 |
steuerpflichtig, § 13a Abs. 1, § 13b Abs. 4 ErbStG |
EUR |
567.450 |
kein Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG |
EUR |
0 |
abzgl. anteilige Nießbrauchslast 15 % |
EUR |
– 351.819 |
Bereicherung |
EUR |
215.631 |
abzgl. Freibetrag 400.000 EUR |
EUR |
– 215.631 |
Steuerpflichtiger Erwerb |
EUR |
0 |
Steuer |
EUR |
0 |
Rz. 58
Entfällt in der Folgezeit die gewährte Verschonung (bspw. wegen Unterschreitens der Mindestlohnsumme), so ist der Kapitalwert des Nießbrauchs entsprechend ganz oder teilweise abzugsfähig. Für den Kapitalwert des Nießbrauchs bleibt der Zeitpunkt der Schenkung maßgeblich.
Rz. 59
Besonderheiten gelten, wenn der Schenker den Gesellschaftsanteil unter Nießbrauchsvorbehalt für sich selbst überträgt und zugleich aufschiebend bedingt auf seinen Todesfall seinen Ehegatten (z.B. zu dessen Versorgung) den Nießbrauch zuwendet. Nach § 6 Abs. 1 BewG werden aufschiebend bedingte Lasten vor Bedingungseintritt nicht berücksichtigt. Für die Bewertung bedeutet dies, dass bei Wahl des Vervielfältigers nur der Vervielfältiger des jeweils zunächst Nießbrauchsberechtigten zugrunde zu legen ist. Ein vom Schenker vorbehaltener lebenslanger Nießbrauch mindert den Erwerb des Bedachten auch dann, wenn an dem Zuwendungsgegenstand bereits ein lebenslanger Nießbrauch eines Dritten besteht. Der Nießbrauch des Schenkers erhält einen Rang nach dem Nießbrauch des Dritten. § 6 Abs. 1 BewG gilt nicht für einen am Stichtag entstandenen, aber nachrangigen Nießbrauch. Bei der Schenkungsteuerfestsetzung sind der vorrangige und der nachrangige lebenslange Nießbrauch (als einheitliche Last) nur einmal mit dem höheren Vervielfältiger gemäß § 14 BewG zu berücksichtigen. Eine etwaige längere Lebensdauer des später Versterbenden ist nicht zu berücksichtigen. Sofern der Schenker verstirbt, mithin die Bedingung eintritt, und die Nießbrauchszuwendung zum Tragen kommt, kann auf Antrag des Erwerbers des Gesellschaftsanteils der nunmehr bestehende Nießbrauch des länger Lebenden berücksichtigt werden (§ 6 Abs. 2 BewG i.V.m. § 5 Abs. 2 BewG).
Beispiel
Vater (V) (65 Jahre) überträgt unter lebenslänglichem Nießbrauchsvorbehalt für sich selbst seinem Sohn (S) im Jahr 2021 seinen Anteil in Höhe von 30 % an der X-KG (Steuerwert des Anteils EUR 3,783 Mio.). Gleichzeitig wendet er aufschiebend bedingt auf seinen Tod im Wege des Zuwendungsnießbrauchs den Nießbrauch an dem KG-Anteil seiner Ehefrau (E) zu. Diese soll jedoch keinerlei Stimmrechte erhalten (reiner Ertragsnießbrauch). Der durchschnittliche entnahmefähige Gewinnanteil beträgt 400.000 EUR. Die KG beschäftigt 25 Arbeitnehmer. Die Voraussetzungen der Regelverschonung (85 %-Abschlag) sind erfüllt. Die Optionsverschonung (= 100 %ige Steuerbefreiung) will S nicht nutzen. Der Freibetrag gem. § 16 ErbStG ist aufgrund von Vorschenkungen an S verbraucht. Im Jahr 2039 beträgt der Kapitalwert des Nießbrauchs 3 Mio. EUR.
2021:
Kapitalwert des Nießbrauchs des V:
Jahreswert (entnahmefähiger Gewinnanteil) |
EUR |
400.000 |
Höchstbetrag gem. § 16 BewG (18,6 von 3.783.000 EUR) |
EUR |
203.387 |
Kapitalisierungsfaktor |
|
11,532 |
Kapitalwert |
EUR |
2.345.459 |
Steuerberechnung S:
Wert des Anteils |
EUR |
3.783.000 |
Verschonungsabschlag: 85 % von 3.783.000 EUR |
EUR |
– 3.215.550 |
steuerpflichtig, §§ 13a Abs. 1, 13b Abs. 4 ErbStG |
EUR |
567.450 |
kein Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG |
EUR |
0 |
abzgl. anteilige Nießbrauchslast 15 % |
EUR |
– 351.819 |
Bereicherung |
EUR |
215.631 |
Bereicherung (abgerundet auf 100 EUR) |
EUR |
215.600 |
Freibetrag 400.000 EUR ist verbraucht, daher |
EUR |
0 |
Steuersatz |
|
11 % |
Steuer |
EUR |
23.716 |
Der aufschiebend bedingte Erwerb des Nießbrauchs durch E ist im Jahr 2021 nicht zu berücksichtigen.
2039:
E wird Nießbrauchsberechtigte. Der Zuwendungsnießbrauch ist als Zuwendung von Todes wegen ...