1. Zulässigkeit

 

Rz. 13

Nach heute ganz herrschender Meinung kann Gegenstand eines Nießbrauchs auch die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft sein, also der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters, soweit dies nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig ist[7] (§§ 717, 1069 Abs. 2 BGB).[8] Der Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil ist ein Rechtsnießbrauch i.S.d. §§ 1068 ff. BGB, so dass dessen Bestellung nach den für die Übertragung eines Rechts geltenden Vorschriften erfolgt. Erforderlich ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten auch dann, wenn ein Gesellschafter in seiner letztwilligen Verfügung angeordnet hatte, dass einem Vermächtnisnehmer vom Erben des Gesellschaftsanteils ein Nießbrauch einzuräumen ist.

Bevor von der Rechtsprechung die Zulässigkeit von Nießbrauchsrechten an Personengesellschaftsanteilen bestätigt wurde, hat man sich durch eine Vollrechtsübertragung auf Zeit mit schuldrechtlicher Treuhandbindung im Innenverhältnis beholfen, um die Wirkungen eines Nießbrauchs herbei zu führen. Dieses Hilfskonstrukt hat sich nach der grundsätzlichen Anerkennung der Zulässigkeit der Nießbrauchsbestellung nunmehr erübrigt, ist aber in der Praxis – vor allem in Altfällen – durchaus noch anzutreffen.

[7] Prütting, Sachenrecht, Rn 924.
[8] BGH, Urt. v. 9.11.1998 – II ZR 213/97, NJW 1999, 571; Daragan, DStR 2011, 1347; Wälzholz, DStR 2010, 1786.

2. Zustimmungserfordernisse

 

Rz. 14

Die Nießbrauchsbestellung an einem Recht setzt gemäß § 1069 Abs. 2 BGB voraus, dass das Recht übertragbar ist. Nach § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB sind Gesellschaftsanteile an Personengesellschaften von Gesetzes wegen nicht übertragbar. Voraussetzung für die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft ist damit, dass der Gesellschaftsvertrag die Bestellung eines Nießbrauchs erlaubt oder dass alle Gesellschafter (außerhalb des Gesellschaftsvertrages) der Bestellung zustimmen.[9]

Die Zustimmung kann bereits im Gesellschaftsvertrag erteilt werden.[10] Insoweit ist umstritten, ob eine Zustimmungsklausel im Gesellschaftsvertrag, die nach dem Wortlaut lediglich die Vollrechtsübertragung erfasst, auch die Einräumung eines Nießbrauchs umfasst. Für eine entsprechende Auslegung spricht, dass die Belastung eines Gesellschaftsanteils als Minus zur Vollrechtsübertragung anzusehen ist, da damit in der Regel weniger Mitspracherechte in der Gesellschafterversammlung eingeräumt werden. Gegen eine entsprechende Auslegung wird jedoch vorgetragen, dass neben dem Gesellschafter auch der Nießbraucher Rechte geltend machen kann und dies eine gesteigerte Streitanfälligkeit mit sich bringt, wodurch die Mitgesellschafter stärker beeinträchtigt werden.[11]

 

Praxishinweis

In der Praxis empfiehlt sich daher, die Vinkulierung im Gesellschaftsvertrag detailliert zu regeln bzw. die vorsorgliche Zustimmung aller Gesellschafter einzuholen, wenn die Vinkulierungsklausel diese Frage nicht abschließend regelt.

[9] Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wertenbruch, 4. Aufl. 2020, § 105 HGB Rn 230; Hochheim/Wagenmann, ZEV 2010, 109; MüKo/Schäfer, § 705 Rn 97; Baumbach/Hopt/Roth, § 105 HGB Rn 44.
[10] MüKo/Schäfer, § 705 Rn 98.
[11] Baumbach/Hopt/Roth, § 105 HGB Rn 44; Wälzholz, DStR 2010, 1786, 1787.

3. Nießbrauchsbestellung – Formvorschriften

 

Rz. 15

Die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil erfolgt nach den für die Übertragung eines Rechts geltenden Vorschriften und damit gemäß §§ 413, 398 i.V.m. § 1069 Abs. 1 BGB durch formlosen Vertrag zwischen Nießbrauchsbesteller und Nießbraucher,[12] sofern der Gesellschaftsvertrag keine strengeren Formvorschriften vorsieht. Die Bestellung des Nießbrauchs an Personengesellschaftsanteilen bedarf selbst dann keiner notariellen Beurkundung, wenn sich Grundbesitz im Gesellschaftsvermögen befindet.[13]

[12] Götz/Hülsmann, DStR 2010, 2377
[13] Frank, MittBayNot 2010, 96, 97.

4. Vererblichkeit/Übertragung

 

Rz. 16

Der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil ist weder vererblich (§§ 1068 Abs. 2, 1061 S. 1 BGB) noch übertragbar (§§ 1068 Abs. 2, 1059 S. 1 BGB). Zwar kann der Nießbraucher von Todes wegen ein Nießbrauchsvermächtnis anordnen, doch handelt es sich hierbei nicht um die vermächtnisweise Zuwendung des für ihn bestehenden Nießbrauchs, sondern um die Verpflichtung des Erben, dem Vermächtnisnehmer einen "neuen" Nießbrauch einzuräumen. Alternativ kann der Nießbraucher zur Absicherung des Ehegatten bereits bei Einräumung des Nießbrauchs die Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB vereinbaren.

Verstirbt dagegen der Besteller, kommt es bezüglich des Fortbestands des Nießbrauchs darauf an, wie sich die Nachfolge in dem Gesellschaftsanteil gestaltet. Liegt eine Nachfolgeklausel vor, setzt sich der Nießbrauch am Anteil der Erben fort. Andernfalls tritt das Abfindungsguthaben der Erben des verstorbenen Gesellschafters als Nießbrauchsgegenstand an die Stelle der Mitgliedschaft (str.).[14]

Ein Gesellschaftsanteil kann nicht ohne die Belastung mit dem Nießbrauchsrecht veräußert werden (§§ 875, 1064, 1071 BGB), so dass auch bei einer Übertragung des Gesellschaftsanteiles die Rechtsposition des Nießbrauchers unver...

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