1. Verträge zwischen Angehörigen
Rz. 45
Bei Übertragungen von Gesellschaftsanteilen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ist zu beachten, dass es sich häufig um Vereinbarungen unter Angehörigen (Nahestehenden) handelt. In diesen Fällen sind die Vorgaben der Rechtsprechung und Finanzverwaltung bezüglich des besonderen Klarheitgebotes zu beachten, um eine steuerentlastende Wirkung zu erreichen. Die Nießbrauchsvereinbarungen müssen damit zivilrechtlich wirksam und im Vorhinein abgeschlossen werden. Zudem ist erforderlich, dass die getroffenen Vereinbarungen anschließend auch tatsächlich durchgeführt werden sowie dem entsprechen, was unter fremden Dritten üblich ist. Bei Nießbrauchsvereinbarungen mit Minderjährigen ist es für die ertragsteuerliche Anerkennung der Nießbrauchsbestellung erforderlich, dass ein Ergänzungspfleger mitwirkt oder die vormundschaftliche Genehmigung erteilt wird. Liegen die Genehmigungen vor, steht es nach Ansicht des BFH der Einkünftezurechnung nicht entgegen, wenn der Minderjährige bei für die Einkünfteerzielung relevanten Maßnahmen durch den gesetzlichen Vertreter oder einen Verwalter vertreten wird, sofern dies im Namen und für Rechnung des Nießbrauchers geschieht.
2. Einkünftezurechnung
Rz. 46
Die entscheidende steuerliche Frage ist, wem die Einkünfte aus dem nießbrauchsbelasteten Vermögen zuzurechnen sind und wie diese Einkünfte zu qualifizieren sind. Nach allgemeiner Meinung sind dem Nießbraucher die Einkünfte zuzurechnen, sofern seine Rechtsposition ihm gestattet, die für die betroffene Einkunftsart charakteristischen Tatbestandsmerkmale zu verwirklichen und seine Rechtsstellung tatsächlich zur Einkünfteerzielung zu nutzen. Im Falle eines Mitunternehmeranteils können jedoch sowohl Nießbraucher als auch Anteilsinhaber Mitunternehmer sein. Dies hängt von der konkreten Ausgestaltung des Nießbrauchs ab.
3. Insbesondere Mitunternehmereigenschaft bei Nießbrauch an gewerblich tätiger oder gewerblich geprägter Personengesellschaft
Rz. 47
Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erzielt derjenige, der Mitunternehmer des Betriebs der Personengesellschaft ist. Dabei ist nach herrschender Meinung derjenige Mitunternehmer, der zivilrechtlich Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, oder – in Ausnahmefällen – wer aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses eine einem Gesellschafter wirtschaftlich vergleichbare Stellung (§ 39 Abs. 2 AO) innehat oder wer wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ist. Mitunternehmer ist (nur), wer aufgrund eines zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnisses oder wirtschaftlich damit vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses mit anderen Personen Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt. Unter Mitunternehmerinitiative wird die Teilhabe an den unternehmerischen Entscheidungen verstanden und Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder dieser wirtschaftlich vergleichbare Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg eines Gewerbebetriebs.
a) Mitunternehmerstellung bei Vorbehaltsnießbrauch
Rz. 48
Der Gesellschafter ist regelmäßig Mitunternehmer der Gesellschaft, weil der Anteil selbst die Mitunternehmerstellung begründet. Er verbleibt auch grundsätzlich dann in seiner Mitunternehmerstellung, wenn auch der Nießbraucher als Mitunternehmer anzusehen ist. Der Nießbraucher wird dann neben dem Gesellschafter Mitunternehmer, wenn er Mitunternehmerrisiko trägt und Mitunternehmerinitiative entfalten kann. Er trägt zwar nur ein geringeres Mitunternehmerrisiko, da ihm nur der entnahmefähige Gewinnanteil zusteht. Sofern ihm jedoch die Mitwirkungs- und Verwaltungsrechte eines Personengesellschafters, d.h. insbesondere das Stimmrecht in den laufenden Angelegenheiten der Gesellschaft oder die Kontroll- und Widerspruchsrechte der § 716 BGB, §§ 164, 166 HGB zustehen oder er für die Schulden der Gesellschaft mithaftet, ist er regelmäßig als Mitunternehmer der Gesellschaft anzusehen. Laufende Angelegenheiten umfassen auch außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen und deren Billigung durch die Gesellschafter. Auch die Beschlussfassung über die jährliche Rechnungslegung (was für den Nießbraucher besonders relevant ist) und Gewinnverwendung wird zu den laufenden Angelegenheiten gerechnet. Stimmrechtsvollmachten zugunsten des Nießbrauchers können für die Anerkennung der Mitunternehmerstellung des Gesellschafters nach der BFH-Rechtsprechung unschädlich sein, wenn der Gesellschafter zumindest grundsätzlich seine Stimmrechte noch ausüben kann und sich nicht im Innenverhältnis dazu verpflichtet, deren Ausübung ausschließlich dem Nießbraucher z...