Dieter Trimborn van Landenberg
a) Wegfall durch letztwillige Verfügung des Erblassers
Rz. 77
Einen lebzeitigen Wechsel der Person des Bezugsberechtigten kann der Versicherungsnehmer grundsätzlich jederzeit vornehmen. Dann leistet die Versicherung an den neuen Bezugsberechtigten, die Frage einer Rückforderung stellt sich dann nicht. Eine Änderung der Bezugsberechtigung ist im Deckungsverhältnis zwingend dem Versicherer mitzuteilen.
Es kann aber vorkommen, dass der Versicherungsnehmer nur in seinem Testament die Bezugsberechtigung ändert. Die Vorschrift des § 332 BGB, der dies auch in Form einer letztwilligen Verfügung zulässt, wird durch § 9 Abs. 4 ALB 2021 ausgeschlossen, im Deckungsverhältnis ändert sich daher nichts.
Wenngleich die Versicherung weiterhin befreiend an den bisherigen Bezugsberechtigten leisten darf, ist dies im Valutaverhältnis nach h.M. als konkludente Rücknahme der Schenkungsofferte des Erblassers zu werten. Dies hat zur Folge, dass der bisherige Bezugsberechtigte keinen Rechtsgrund für den Erwerb beanspruchen kann und evtl. schon erhaltene Leistungen herauszugeben hat. Soweit der Erblasser einen neuen Bezugsberechtigten testamentarisch benannt hat, erwirbt dieser den Anspruch, ansonsten fällt der Bereicherungsanspruch in den Nachlass.
b) Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
Rz. 78
Von praktischer Bedeutung sind Fälle, in denen sich nach der Benennung des Bezugsberechtigten das Verhältnis zum Versicherungsnehmer in einer Weise verändert, die den Wegfall des Rechtsgrundes nahe legt. Hier sind folgende Fallgruppen denkbar:
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Die Ehescheidung wird von der Rechtsprechung als Wegfall der Geschäftsgrundlage angesehen. Bei einer frei widerruflichen Bezugsberechtigung wird dies regelmäßig zu bejahen sein. Anders liegt der Fall, wenn die Bezugsberechtigung gerade im Hinblick auf die Altersversorgung unwiderruflich zugunsten des geschiedenen Ehegatten bestimmt wurde. Zwar wird hier von der Rechtsprechung ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht ausgeschlossen, allerdings dürften strengere Maßstäbe anzulegen sein |
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Bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist hingegen nicht per se ein Wegfall der Geschäftsgrundlage mit der Folge des Verlustes der Bezugsberechtigung anzunehmen, weil hier "die Partner ihre persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen nicht gegenseitig aufrechnen können". Gleichwohl hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Versicherer die Versicherungssumme hinterlegen darf, wenn er aufgrund der Trennung von Versicherungsnehmer und schenkweise bezugsberechtigter Lebensgefährtin von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Valutaverhältnisses ausgehen darf. |
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Bei grobem Undank kann gem. § 530 BGB eine bereits vollzogene Schenkung widerrufen werden. Soweit der Versicherungsnehmer den Widerruf nicht erklärt hat, steht dieses Recht auch dem Erben zu, allerdings nur unter den engen Voraussetzungen des § 530 Abs. 2 BGB. |
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Ein Wechsel des Zuwendungsgegenstands kann auch den Rechtsgrund für eine Bezugsberechtigung entfallen lassen. Hat der Versicherungsnehmer z.B. in Anerkennung geleisteter Dienste seiner Lebensgefährtin ein Haus übertragen und stattdessen die Lebensversicherung seiner Enkelin im Testament vermacht, kann dies einen Bereicherungsanspruch auslösen. Wichtig ist aber, den Austausch des Zuwendungsgegenstands beweisen zu können. Der Beschenkte wird sich ansonsten regelmäßig darauf berufen, dass ihm das andere zusätzlich zugewendet wurde. |
Rz. 79
Mit Blick auf die gesetzliche Normierung der Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB, die als Rechtsfolge auch eine Anpassung des Vertrags vorsieht, kann ein risikoscheuer Erbe auch vom Alles-oder-Nichts-Prinzip des Wegfalls der Geschäftsgrundlage abweichen und eine teilweise Rückforderung geltend machen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchsetzung ist eine intensive Aufarbeitung des Sachverhalts.