a) Allgemeines

 

Rz. 80

Liegt der Begünstigung aus einer Lebensversicherung eine Schenkungsabsicht zugrunde, ist es u.U. auch noch den Erben möglich, das Valutaverhältnis durch den Widerruf des Schenkungsangebots zu beseitigen. Das schuldrechtliche Grundgeschäft kommt im Wege der "postmortalen Einigung" zustande: Die Rechtsprechung sieht schon in der Bestimmung eines Bezugsberechtigten ein Schenkungsangebot des Erblassers.[75] Dies beinhaltet gleichzeitig einen Auftrag an den Versicherer, dieses Schenkungsangebot dem Bezugsberechtigten nach dem Tod mitzuteilen. Bislang ist höchstrichterlich noch nicht geklärt,[76] ob auch dieser Botenauftrag zu einem echten Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall[77] oder zu einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter[78] führt, aus dem der Begünstigte eigene Schadensersatzansprüche für den Fall nicht rechtzeitiger Benachrichtigung gegen den Versicherer ableiten könnte.

Der Bezugsberechtigte erklärt die Annahme des Schenkungsangebots konkludent durch Anforderung der Versicherungsleistung. Die Rechtsprechung ist sowohl bei Angebot als auch bei Annahme der Schenkung sehr großzügig im Sinne des Bezugsberechtigten. So wird die fehlende notarielle Form gem. § 518 Abs. 1 BGB schon als geheilt angesehen, sobald der Bezugsberechtigte den Anspruch erworben hat, indem er erkennbar den Annahmewillen geäußert hat. Einer Erfüllung bedarf es noch nicht.

In dieser Situation sollte sich der Erbe sowohl gegenüber dem Versicherer als auch gegenüber dem Bezugsberechtigten erklären.[79]

[76] BGH NJW 2013, 2588 hat dies ausdrücklich offengelassen.
[77] So Muscheler, WM 1994, 921, 923.
[79] Auch der Rechtsanwalt sollte sicherheitshalber beide Wege einschlagen, soweit ihm entsprechende Informationen über die Adressaten vorliegen.

b) Widerruf des Auftrags zur Übermittlung des Schenkungsangebots gegenüber dem Versicherer

 

Rz. 81

Der Erbe als Rechtsnachfolger des Versicherungsnehmers ist an die vertraglichen Verhältnisse gebunden, ein Widerrufsrecht scheidet daher von vorneherein aus, wenn die Bezugsberechtigung unwiderruflich eingeräumt wurde.[80] Ansonsten steht dem Erben das Widerrufsrecht des § 671 Abs. 1 BGB ungeschmälert zu.[81]

Das praktische Problem besteht oft darin, dass der Erbe nicht oder zu spät Kenntnis von dem Versicherungsverhältnis erhält. Dies führt zu einem Wettlauf zwischen Erben und Versicherung, wie er auch bei Bankverträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall bekannt ist. Aus Sicherheitsgründen ist daher selbst für den Fall, dass sich aus den vorgefundenen Unterlagen keine Bezugsberechtigung ergibt, ein vorsorglicher Widerruf zu erwägen.

Klarzustellen ist, dass von den Erben nicht das Bezugsrecht als solches widerrufen werden kann, dieses Recht endet gem. § 9 Abs. 2 ALB 2021 mit dem Tod des Versicherungsnehmers.

 

Rz. 82

 

Hinweis

Die Versicherer lehnen es in der Praxis oftmals ab, von der Benachrichtigung des Bezugsberechtigten abzusehen. Überdies weigern sich die Versicherer oft, die Namen der Bezugsberechtigten zu nennen. Die Frage, ob in diesem Verhalten eine Pflichtverletzung zu sehen ist, die einen Schadensersatzanspruch begründet, wurde von der Rechtsprechung bislang noch nicht entschieden. In der Literatur[82] wird dies gem. §§ 280, 276, 662, 665, 671, 249 BGB bejaht, teilweise wird darüber hinaus noch eine Rückfrage- und Wartepflicht konstruiert.[83] Die Ankündigung, im Weigerungsfalle Schadensersatz geltend zu machen, schadet jedenfalls nicht.

[80] Da der Erbe dies oftmals nicht wissen kann, sollte keine Zeit mit langen Nachfragen vergeudet werden, sondern zur Not auch "auf gut Glück" widerrufen werden.
[81] Vgl. Schulz, ZErb 2005, 281 m.w.N.
[82] So Schulz, ZErb 2005, 281.
[83] Ablehnend wohl die Rspr. (BGH ZEV 1995, 187), bezogen auf die postmortale Bankvollmacht.

c) Muster: Widerruf des Auftrags gegenüber der Lebensversicherung

 

Rz. 83

Muster 25.14: Widerruf des Auftrags gegenüber der Lebensversicherung

 

Muster 25.14: Widerruf des Auftrags gegenüber der Lebensversicherung

per Einschreiben mit Rückschein

An die

_________________________-Lebensversicherung

Lebensversicherungsvertrag Nr. _________________________

Versicherungsnehmer: _________________________

Versicherte Person: _________________________

Ausweislich beigefügter Vollmacht vertrete ich Herrn _________________________. Mein Mandant ist ausweislich beigefügter beglaubigter Erbscheinskopie Alleinerbe des o.g. Versicherungsnehmers, der am _________________________ verstorben ist. Nach den hier vorliegenden Informationen hat der Versicherungsnehmer Frau _________________________, als Bezugsberechtigte für die o.g. Lebensversicherung bestimmt. Frau _________________________, eine ehemalige Lebensgefährtin des Versicherungsnehmers, hat bislang weder Kenntnis vom Tod, noch von der Bestimmung als Bezugsberechtigte. Unabhängig davon, ob diese Bezugsberechtigung noch besteht, erkläre ich hiermit namens und im Auftrag meines Mandanten den Widerruf des Auftrags, das der Bezugsberechtigung zugrunde liegende Schenkungsangebot an den oder die Bezugsberechtigten – auch Ersatzbezugsberechtigten – zu übermitteln.

Klarstellend weise ich darauf hin, da...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?