Rz. 94

Zunächst ist klarzustellen, dass ein nicht in den Nachlass fallender Lebensversicherungsanspruch – ungeachtet der Höhe – grundsätzlich pflichtteilsneutral ist, also keine Pflichtteilsansprüche auslöst.[90]

Wird aber ein enterbter Pflichtteilsberechtigter vom Erblasser zum Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung eingesetzt, stellt sich die Frage der Anrechenbarkeit dieser Schenkung. Eine Anrechnung gem. § 2315 BGB findet nur statt, wenn diese ausdrücklich vereinbart wurde, was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte. Da es sich bei der Anrechnungsbestimmung um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, kann allein in der Benennung des Bezugsberechtigten keine konkludente Anrechnungsbestimmung gesehen werden. Eine Anrechnungsbestimmung im Testament ist ebenfalls unwirksam, da verspätet.[91]

Im seltenen Fall einer wirksamen Anrechnungsbestimmung ist bei Kapitallebensversicherungen der Wert der Zuwendung strittig. § 2315 Abs. 2 S. 2 BGB stellt auf den Wert im Zeitpunkt der Zuwendung ab (vgl. Rdn 96).

Bei schenkweiser Zuwendung des Versicherungsanspruchs an einen bezugsberechtigten Dritten kommt ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2325 BGB in Betracht. Da die in diesem Zusammenhang typischen Fragestellungen anderweitig vertieft werden (vgl. § 17 Rdn 146 ff.), soll es hier nur um zwei Fragen gehen, die typischerweise im Zusammenhang mit einer Schenkung in Form einer Lebensversicherung auftreten.

[90] Zur Geltendmachung des Anspruchs siehe § 21.
[91] Zu den Voraussetzungen einer wirksamen Anrechnungsbestimmung vgl. Grüneberg/Weidlich, § 2315 BGB Rn 3.

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