Rz. 55

Nach § 161 Abs. 1 VVG wird der Versicherer von der Leistung frei, wenn die versicherte Person (ohne Vorliegen einen krankhaften Störung) Selbstmord begangen hat. Die ALB[48] relativieren dies zugunsten des Bezugsberechtigten. Den Lebensversicherer trifft danach nur noch eine eingeschränkte Leistungspflicht im Falle der Selbsttötung der versicherten Person.

 

Rz. 56

Entscheidend ist hier die Beweislastverteilung: Der Versicherer hat nach den Regeln des Strengbeweises den Tatbestand der Selbsttötung zu beweisen.[49]

Der Beweis durch Indizien reicht aus. Nach § 286 ZPO ist keine unumstößliche Gewissheit des Richters, sondern ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit erforderlich, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie jedoch völlig auszuschließen.[50] Sache des Anspruchstellers ist es hingegen zu beweisen, dass der Verstorbene sich in einem Zustand krankhafter Störung befand, der eine freie Willensbestimmung ausschloss.[51]

 

Rz. 57

Checkliste: Selbsttötung der versicherten Person

wirksamer Versicherungsvertrag?
Sonderregelung im Versicherungsvertrag (vgl. § 5 ALB 2021
Tod der versicherten Person?
Selbsttötung durch Versicherung beweisbar?
krankhafter Zustand durch Bezugsberechtigten beweisbar?
Ablauf der Dreijahresfrist seit Zahlung des Einlösungsbetrages?

mögliche Rechtsfolgen:

völlige Leistungsfreiheit
eingeschränkter Leistungsanspruch (Deckungskapital)
vollumfänglicher Leistungsanspruch
[48] Vgl. § 5 ALB 2021: "Was gilt bei Selbsttötung des Versicherten? (1) Bei vorsätzlicher Selbsttötung leisten wir, wenn seit Abschluss des Versicherungsvertrages drei Jahre vergangen sind. vor Ablauf von drei Jahren seit Zahlung des Einlösungsbeitrags oder seit Wiederherstellung der Versicherung. (2) Bei vorsätzlicher Selbsttötung vor Ablauf der Dreijahresfrist besteht Versicherungsschutz nur dann, wenn uns nachgewiesen wird, dass die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen worden ist. Anderenfalls zahlen wir den für den Todestag berechneten Rückkaufswert Ihrer Versicherung (§ 9 Abs. 3 bis 5). (…)".
[49] BGH VersR 1987, 503.
[50] BGH VersR 1989, 758.
[51] BGH VersR 1994, 162.

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