Dr. Burkhard Göpfert, Maximilian Melles
Rz. 16
Als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten, die den Arbeitnehmern zur Vermeidung einer Kündigung angeboten werden müssen, kommen grds. nur freie Arbeitsplätze in demselben Unternehmen in Betracht. Demnach wäre eine betriebsbedingte Kündigung ggü. einem Arbeitnehmer nicht sozial gerechtfertigt, wenn im Unternehmen ein freier Arbeitsplatz vorhanden wäre, auf dem der betreffende Arbeitnehmer in zumutbarer Weise weiterbeschäftigt werden könnte. Der Arbeitgeber muss also prüfen, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit an einem anderen freien Arbeitsplatz, ggf. auch zu schlechteren Arbeitsbedingungen, in Betracht kommt. Ist dies der Fall, ist der Arbeitnehmer dorthin zu versetzen, wenn die Tätigkeit an dem anderen Arbeitsplatz aufgrund des Arbeitsvertrags vom Versetzungsrecht des Arbeitgebers erfasst wird. Andernfalls ist dem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung auszusprechen.
Rz. 17
Die Rspr. des BAG begründet an dieser Stelle eine zusätzliche Erschwernis für die Wirksamkeit der Kündigung. Das BAG geht davon aus, dass der Arbeitnehmer selbst entscheiden muss, ob er Einbußen und Nachteile akzeptiert, die mit einer neuen Stelle verbunden sind. Dem Arbeitnehmer sind demnach nicht nur Arbeitsplätze anzubieten, für die er nach der Einschätzung des Arbeitgebers geeignet ist. Vielmehr kann eine Änderungskündigung nur in Extremfällen unterbleiben, nämlich dann, wenn das Angebot beleidigenden Charakter hätte. So muss dem bisherigen Personalchef die Pförtnerstelle nicht angeboten werden, aber wohl die Tätigkeit als Personalreferent. Die Reduzierung des monatlichen Gehalts um 50 % steht der Annahme der Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht entgegen. Wird ein Arbeitsplatz, auf dem der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden könnte, erst nach Ausspruch der Kündigung, jedoch noch vor Ablauf der Kündigungsfrist frei, so wird die Kündigung hierdurch nicht unwirksam. Nach der Rspr. des BAG hat der Arbeitnehmer jedoch auch in diesem Fall einen Anspruch auf Wiedereinstellung, wenn er erfolgreich geltend macht, dass er für den freien Arbeitsplatz geeignet und qualifiziert gewesen wäre.
Rz. 18
Fallen für mehrere Arbeitnehmer eines Betriebs Beschäftigungsmöglichkeiten weg und konkurrieren diese um eine geringere Zahl freier Arbeitsplätze in einem anderen Betrieb des Arbeitgebers, ist grds. durch eine Sozialauswahl analog § 1 Abs. 3 KSchG (dazu noch Rdn 20 ff.) zu entscheiden, gegenüber welchem Arbeitnehmer den Arbeitgeber die Weiterbeschäftigungsobliegenheit aus § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG trifft.