Rz. 40
Einwendungen des Beklagten führen regelmäßig zu keiner Änderung der Rechtswegzuständigkeit, selbst wenn sie aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften herrühren. Etwas anderes gilt dann, wenn die Einwendung aus einer Rechtsbeziehung abgeleitet wird, die auch die Zuordnung des Anspruchs selbst beeinflusst. Für die Voraussetzungen eines – ausnahmsweisen – Ausschlusses des Zivilrechtswegs für einen bürgerlich-rechtlichen Anspruch ist der Beklagte beweisbelastet.
Rz. 41
Auch die Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung (§§ 387 ff. BGB) durch den Beklagten nimmt daher vom Kläger geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüchen nicht ihre privatrechtliche Natur.
Rz. 42
Streit besteht jedoch darüber, ob das Zivilgericht über die in einen anderen Rechtsweg gehörenden streitigen Gegenansprüche selbst rechtskraftfähig (§ 322 Abs. 2 ZPO) entscheiden darf, und falls nicht, wie dann von ihm zu verfahren ist. Nach überwiegender – wenn auch nicht unbestrittener – Ansicht berechtigt die rechtswegüberschreitende Sachkompetenz (§ 17 Abs. 2 S. 1 GVG; siehe oben Rdn 34) das Zivilgericht nicht, über rechtswegfremde Gegenforderungen zu entscheiden. Denn die zur Aufrechnung gestellte rechtswegfremde Forderung stellt nicht bloß einen "rechtlichen Gesichtspunkt" dar, es handelt sich vielmehr um ein selbstständiges Gegenrecht, das dem durch die Klage bestimmten Streitgegenstand einen weiteren selbstständigen Gegenstand hinzufügt.
Rz. 43
Sofern über die Gegenforderung bereits ein Verfahren vor dem Gericht des zulässigen Rechtswegs geführt wird, hat das Zivilgericht seinen Rechtsstreit auszusetzen (§ 148 ZPO).
Rz. 44
Ist der mit der Klage geltend gemachte privat-rechtliche Anspruch zur Entscheidung reif, kann insoweit ein Urteil unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergehen (§ 302 ZPO). Eine Verweisung des Rechtsstreits nach Rechtskraft des Vorbehaltsurteils zur Durchführung des Nachverfahrens an das Gericht des für die Gegenforderung zuständigen Rechtswegs ist jedoch nicht möglich, da der zum Zivilgericht beschrittene Rechtsweg infolge der Aufrechnung mit einer rechtwegfremden Gegenforderung nicht unzulässig ist (§ 17a Abs. 2 S. 1 GVG).
Rz. 45
Ist die rechtswegfremde Gegenforderung unstreitig oder rechtskräftig festgestellt, entscheidet das Zivilgericht ohnehin nicht über deren Bestehen, sondern lediglich über die Aufrechenbarkeit und Aufrechnungsbefugnis, was ohne Weiteres in seine Sachkompetenz fällt.
Rz. 46
Gegenforderungen, die vor dem Familien- oder dem Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltend zu machen sind, sind nicht rechtswegfremd (§ 13 GVG). Anderes gilt für Ansprüche, für die die Arbeitsgerichte zuständig sind (siehe oben Rdn 17).