Rz. 88
Eine Widerklage kann grundsätzlich nur zwischen den Parteien der Klage erhoben werden (arg. Widerklage). Von diesem Grundsatz werden aber zahlreiche Ausnahmen zugelassen, in denen die Einbeziehung Dritter im Wege einer parteierweiternden, sog. Drittwiderklage zulässig ist.
Rz. 89
Erhebt der Beklagte eine mit der Klage im rechtlichen Zusammenhang stehende Widerklage sowohl gegen den Kläger als auch gegen einen bisher am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten als Streitgenossen (§§ 59, 60 ZPO), ist diese streitgenössische Drittwiderklage unter den Voraussetzungen der als Klageänderung (§ 263 ZPO) behandelten Parteierweiterung zulässig. Hierdurch sollen die Vervielfältigung und Zersplitterung von Prozessen vermieden sowie zusammengehörige Ansprüche einheitlich verhandelt und entschieden werden.
Rz. 90
Eine ausschließlich gegen einen am Prozess bislang nicht beteiligten Dritten gerichtete, isolierte Drittwiderklage ist dagegen zwar grundsätzlich unzulässig. Unter Berücksichtigung des vorgenannten prozessökonomischen Zwecks der Widerklage bestehen jedoch auch hiervon Ausnahmen. Die Zulässigkeit einer isolierten Drittwiderklage ist unter anderem dann bejaht worden, wenn sie gegen den Zedenten der Klageforderung gerichtet ist und die Gegenstände der Klage und der Drittwiderklage tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind: Die isoliert gegen den am Prozess bislang nicht beteiligten Zedenten erhobene Drittwiderklage ist auch dann zulässig, wenn sich deren Gegenstand mit dem Gegenstand einer hilfsweise gegenüber der Klage des Zessionars zur Aufrechnung gestellten Forderung deckt oder wenn die abgetretene Klageforderung und die mit der Drittwiderklage geltend gemachte Forderung aus einem einheitlichen Schadensereignis resultieren. Schließlich ist sie dann zulässig, wenn mit ihr die Feststellung begehrt wird, dass dem Zedenten keine Ansprüche zustehen. Ausschlaggebend ist demnach stets, dass die zu erörternden Gegenstände der Klage und der Drittwiderklage tatsächlich und rechtlich eng miteinander verknüpft sind und durch die Einbeziehung des Drittwiderbeklagten in den Rechtsstreit dessen schutzwürdige Interessen nicht verletzt werden.
Rz. 91
Keine tatsächlich und rechtlich enge Verknüpfung liegt vor, wenn die rechtlichen Verhältnisse im Hinblick auf die erhobenen Ansprüche nicht dieselben sind; das ein – tatsächlicher oder rechtlicher – Teilaspekt der Klage auch die Widerklage betrifft, ändert daran nichts. Dass der Drittwiderbeklagte bereits infolge eines Beitritts nach einer Streitverkündung als Streithelfer am Rechtsstreit beteiligt ist, steht der Zulässigkeit einer gegen ihn gerichteten – isolierten – Drittwiderklage nicht entgegen.
Rz. 92
Nach herrschender Meinung beschränkt sich der persönliche Anwendungsbereich des Gerichtsstands der Widerklage jedoch auf die Parteien der (Haupt-)Klage. Für den bisher am Verfahren nicht beteiligten Drittwiderbeklagten besteht daher regelmäßig kein Gerichtsstand am Gericht der (Haupt-)Klage. Das Gericht der (Haupt-)Klage ist für eine Widerklage, die gegen den Drittwiderbeklagten erhoben wird, vielmehr örtlich nur zuständig, wenn ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand bei dem Gericht der Drittwiderklage besteht, durch rügelose Einlassung begründet wird oder das übergeordnete Gericht den Gerichtsstand bestimmt (§ 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Eine Ausnahme hat der Bundesgerichtshof zuletzt allerdings für eine Drittwiderklage gegen den bisher nicht am Verfahren beteiligten Zedenten der Klageforderung zugelassen, wobei dies gleichermaßen für streitgenössische wie isolierte Drittwiderklagen gilt. Ob der Gerichtsstand der Widerklage damit – in Abkehr von der eingangs dargestellten Rechtslage – nunmehr generell auf unbeteiligte Drittwiderbeklagte entsprechende Anwendung findet, hat der Bundesgerichtshof indes ausdrücklich offen gelassen.