I. Ordnungsgemäße Klageerhebung
Rz. 132
Die Erhebung der Klage erfolgt durch – wirksame – Zustellung eines Schriftsatzes, der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO). Die Klageschrift muss – zwingend – die Bezeichnung der Parteien, einschließlich grundsätzlich deren ladungsfähiger Anschriften, und des Gerichts und die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches sowie einen bestimmten Antrag enthalten (§ 253 Abs. 2 ZPO). Die Parteibezeichnung ist als Teil einer Prozesshandlung der Auslegung zugänglich: Deshalb ist bei objektiv unrichtiger oder mehrdeutiger Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar durch die fehlerhafte Parteibezeichnung betroffen werden soll. Für die Ermittlung der Parteien durch Auslegung ihrer Bezeichnung sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen sowie gegebenenfalls spätere Prozessvorgänge zu berücksichtigen. Wird daraus unzweifelhaft deutlich, welche Partei als Beklagter wirklich gemeint ist, so steht der entsprechenden Auslegung – und Berichtigung (§ 319 Abs. 1 ZPO) – auch nicht entgegen, dass der Kläger irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person gewählt hat. Wird eine Partei ohne Angabe ihres Namens so klar bezeichnet, dass keine Zweifel an ihrer Identität und Stellung aufkommen können und sie sich aus der Parteibezeichnung für jeden Dritten ermitteln lässt, so reicht dies aus. Auf Antrag des Scheinbeklagten ist dieser durch eine Entscheidung des Gerichts aus dem Rechtsstreit zu entlassen, wobei gleichzeitig dem Kläger, sofern dieser die falsche Zustellung veranlasst hat, die Kosten des Scheinbeklagten aufzuerlegen sind, die zur Geltendmachung von dessen fehlender Parteistellung notwendig waren; für eine Klageabweisung ist dagegen kein Raum.
Rz. 133
Der vom Kläger zu bestimmende Streitgegenstand ist nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge ableitet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Für die Erfüllung dieser Formerfordernisse kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substanziiert dargelegt worden ist; vielmehr ist es im Allgemeinen ausreichend, wenn der Anspruch als solcher – nach Auslegung – identifizierbar ist.
Rz. 134
Die gebotene Individualisierung der Klagegründe kann dabei grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf der Klageschrift beigefügte Anlagen erfolgen, wobei die Gerichte jedoch nicht verpflichtet sind, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die Ansprüche zu konkretisieren; Anlagen können zudem grundsätzlich lediglich zur Erläuterung und Konkretisierung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nicht vollständig ersetzen. Nicht nötig ist es ferner, dass der Kläger den rechtlichen Gesichtspunkt bezeichnet, unter dem sein Sachvortrag den Klageantrag stützt; die Subsumtion des vorgetragenen Sachverhalts unter die in Betracht kommenden gesetzlichen Tatbestände ist Sache des Gerichts.
Rz. 135
Ein Klageantrag – für eine Widerklage gilt nichts anderes – ist grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Klageantrag zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab.
Rz. 136
Die Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags sind danach in Abwägung des zu schützenden Interesses des Beklagten, sich gegen die Klage erschöpfend verteidigen zu können, sowie seines Interesses an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen mit dem ebenfalls schutzwürdigen Interesse des Klägers an einem wirksamen Rechtsschutz festzulegen. Bei der gebotenen Auslegung des Klageantrags unter Heranziehung von dessen Begründung ist im Zweifel wegen des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und rechtliches Gehör das als gewollt anzusehen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig...