Rz. 154
Im Unfallhaftpflichtrecht gibt es eine Reihe spezialgesetzlicher Klagefristen, deren Einhaltung die Gerichte von Amts wegen zu prüfen haben. Die Überschreitung dieser Fristen führt in der Regel zur Abweisung der Klage als unzulässig. Die fristgerechte und ordnungsgemäße Klageerhebung (siehe oben Rdn 132 ff. und siehe unten § 26 Rdn 10 ff.) – auch vor dem örtlich unzuständigen Gericht oder im falschen Gerichtszweig – eröffnet den Rechtsweg und ermöglicht auch nach Fristablauf noch Klageerweiterung und Widerklage. Eine nachträgliche Heilung oder Behebung eines Mangels der Klageschrift mit rückwirkender Kraft kann grundsätzlich nicht erfolgen. Eine Klagefrist ist allerdings dann gewahrt, wenn eine mangelfreie Klage noch innerhalb der Klagefrist eingeht und "demnächst" zugestellt wird (§ 167 ZPO), sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen also in einem hinnehmbaren Rahmen halten, wobei eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen wird, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen.
Rz. 155
Als maßgebliche Klagefristen kommen im Unfallhaftpflichtrecht in Betracht:
1. Versicherungssachen
Rz. 156
Bis zum 31.12.2007 war ein Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Anspruch auf die Leistung nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend gemacht wurde, wobei die Frist erst begann, nachdem der Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber den erhobenen Anspruch unter Angabe der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge schriftlich abgelehnt hatte (§ 12 Abs. 3 VVG a.F.). Die Regelung wurde jedoch durch das mit dem 1.1.2008 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts ersatzlos gestrichen.
Rz. 157
Nach dem maßgeblichen Übergangsrecht sind auf Klagefristen, die vor dem 1.1.2008 begonnen haben, die bis dahin geltenden Regelungen (§ 12 Abs. 3 VVG a.F.) weiterhin anzuwenden (Art. 1 Abs. 4 EGVVG). Nach dem 1.1.2008 ist das Setzen einer Klagefrist dagegen ausnahmslos ausgeschlossen (arg. Art. 1 Abs. 3, Art. 3 Abs. 4 und 2 EGVVG).
2. Luftverkehrssachen
Rz. 158
Sowohl das Warschauer Abkommen wie auch das – allerdings nicht für sämtliche Vertragsstaaten – nachfolgende Montrealer Übereinkommen (Einzelheiten und Fundstellen siehe oben § 5) sehen für in ihren Anwendungsbereich fallende Klagen auf Schadensersatz eine Ausschlussfrist von zwei Jahren vor, die mit dem Tag beginnt, an dem das Luftfahrzeug am Bestimmungsort angekommen ist oder an dem es hätte ankommen sollen oder an dem die Beförderung abgebrochen worden ist (Art. 29 Abs. 1 WA, Art. 35 Abs. 1 MontrÜbk).
Rz. 159
Die Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9.10.1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen steht, wenn ein Reisender ein Luftfahrtunternehmen wegen eines Schadens in Anspruch nimmt, den er bei einem Flug zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft erlitten hat, der Anwendung der vorgenannten Klagefristen nicht entgegen; sie gelten daher auch insoweit.
Rz. 160
Für den europarechtlichen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen gelten die vorgenannten Klagefristen dagegen nicht. Denn dabei handelt es sich nicht um einen von den internationalen Abkommen erfassten Schadensersatz, sondern vielmehr um ein System der standardisierten und sofortigen Wiedergutmachung von Schäden, die in den aus Verspätungen und Annullierungen von Flügen folgenden Unannehmlichkeiten bestehen, das neben die Übereinkommen tritt und daher gegenüber der darin getroffenen Regelung autonom ist.
3. Stationierungsschäden (Nato-Truppenstatut, NTS)
Rz. 161
Für Ansprüche, die sich daraus ergeben, dass durch Handlungen oder Unterlassungen von Mitgliedern einer Truppe,...