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Personen zwischen dem 15. und 65. Lebensjahr, die (bei ausschließlich gesundheitlicher Betrachtung) mindestens drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können (§ 8 SGB II), erhalten bei Hilfebedürftigkeit seit 2005 anstelle der bisherigen Sozialhilfe Eingliederungs- und finanzielle Leistungen nach dem SGB II. Trotz der irreführenden Bezeichnung "Grundsicherung für Arbeitsuchende" können auch Arbeitnehmer und Selbstständige mit ungenügendem Einkommen[12] "Arbeitslosengeld II" erhalten (auch letztere Bezeichnung ist irreführend; es handelt sich um steuerfinanzierte Fürsorge-, nicht um beitragsfinanzierte Versicherungsleistungen). Wer über 65 Jahre oder dauerhaft voll erwerbsgemindert ist, erhält die Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII; im Bereich der "klassischen" Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII verbleiben demnach Personen, die im sechsmonatigen Prognosezeitraum weniger als drei Stunden täglich arbeitsfähig, jedoch nicht dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Durch das sog. Bürgergeld-Gesetz vom 16.12.2022[13] erfuhr das SGB II weitere Änderungen, die jedoch in das Leistungs- und Verfahrensrecht weit weniger eingriffen als frühere Änderungsgesetze (etwa das Regelbedarfsermittlungsgesetz 2011[14] oder das Rechtsvereinfachungsgesetz 2016[15]): zugunsten der leistungsberechtigten Personen werden insb. Verbesserungen bei der Anrechnung des Einkommens und des Vermögens und bei den Regelbedarfen und den Kosten der Unterkunft erzielt, darüber hinaus wird die Leistungssachbearbeitung seitens der Jobcenter vereinfacht. Ein systemischer Wandel, wie er durch die plakative Voranstellung des Begriffs "Bürgergeld" in der Überschrift des Gesetzes impliziert werden soll, wird dadurch jedoch nicht bewirkt; politisch sollte vielmehr der insb. für die SPD traumatisierende Begriff "Hartz IV" (der gleichwohl niemals offizieller Gesetzesname war) dadurch PR-wirksam "abgeschafft" werden.[16]

[12] Zur Anrechnung § 30 SGB II; zur Einkommensermittlung: BürgergeldVO.
[13] BGBl 2022 I 2328.
[14] Hierzu Groth/Siebel-Huffmann, NJW 2011, 1105 ff.
[15] Hierzu Groth/Siebel-Huffmann, NJW 2016, 3404 ff.
[16] Vgl. Groth/Güssow, NJW 2023, 184 ff.

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