1. "Normaler Gläubiger"
Rz. 51
Eine Schenkung – etwa zugunsten des Nächstberufenen – liegt gem. § 517, 3. Alt. BGB nicht vor. Eine Anfechtung nach §§ 129 ff. InsO und §§ 1 ff. AnfG scheidet aus diesem Grund und wegen des sonst eintretenden Wertungswiderspruchs zur Höchstpersönlichkeit der Ausschlagung (§ 83 InsO; Rdn 52) aus. Auch kann das "Recht" zur Annahme einer Erbschaft nicht gepfändet und überwiesen werden. Möglicherweise ist aber der Wert eines (noch nicht endgültig angenommenen) Vermächtnisses, das der Erbe des Vermächtnisnehmers im Nachlass vorfindet, trotz späterer Ausschlagung durch den Erben noch im Verhältnis zu Pflichtteilsberechtigten zu berücksichtigen (§ 2311 BGB).
2. Regelinsolvenz
Rz. 52
Auch ein in Insolvenz befindlicher "Erbanwärter" kann die Entscheidung über die Annahme oder die Ausschlagung der Erbschaft oder des Vermächtnisses ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters treffen (§ 83 Abs. 1 S. 1 InsO); das Ausschlagungsrecht wird nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Dies gilt unabhängig davon, ob der Sterbefall vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattfindet. Demzufolge kann auch ein bindend eingesetzter, nun in Insolvenz befindlicher Schlusserbe auf sein testamentarisches Erbrecht gem. § 2352 BGB verzichten.
3. Wohlverhaltensphase
Rz. 53
Der Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren ist nicht zur Ausschlagung berufen; ihm fehlt bereits die umfassende Verfügungsbefugnis (§ 291 Abs. 1 InsO). Ein Obliegenheitsverstoß ist nach überwiegender Auffassung, wohl auch (obiter) des BGH, bei Ausschlagung durch den Schuldner selbst zu verneinen, so dass die RSB nicht gefährdet ist. Der in § 295 S 1 Nr. 2 InsO normierte Halbteilungsgrundsatz (Obliegenheit zur Verwertung) betrifft nur das tatsächlich angefallene, also nicht das ausgeschlagene Erbschaftsvermögen oder Vermächtnis.
4. Sozialleistungsträger
Rz. 54
Die Entscheidungsbefugnis über die Ausschlagung als Gestaltungsrecht kann auch der Sozialleistungsgläubiger nicht gem. § 93 Abs. 1 S. 4 SGB XII, § 33 Abs. 1 S. 3 SGB II mangels Anspruchsqualität auf sich überleiten (vgl. Rdn 24). Der Betroffene kann also selbst ausschlagen und damit einen Vermögensanfall, der weiteren aktuellen Sozialleistungsbezug verhindert und nach seinem Tod zehn Jahre rückwirkend zur Verwertung gem. § 102 SGB XII freigegeben ist, verhindern. Entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart und des OLG Hamm verstößt eine (vom Erben selbst oder seinem Betreuer ausgehende) tatsächlich erklärte Ausschlagung einer (aufgrund "vergessenen Bedürftigen- bzw. Behindertentestaments" nicht i.S.d. § 2306 BGB beschwerten, somit an sich verwertbaren gesetzlichen oder testamentarischen) Erbschaft nach Ansicht des BGH und ihm folgender untergerichtlicher Rspr. nicht gegen die guten Sitten. Die sozialgerichtliche Rspr. ist insoweit allerdings zurückhaltender und verweist darauf, dass bei der Ausschlagung (anders als bei einem vorherigen Pflichtteils- oder Erbverzicht) Wert und Zusammensetzung des Nachlasses bekannt seien. Dennoch gibt es auch dann (selbst bei einem deutlich werthaltigen Nachlass) keine sittliche Pflicht zur Annahme einer Erbschaft ("negative Erbfreiheit").