Rz. 439
Nach § 13a Abs. 6 ErbStG fallen Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) und Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist von 5 bzw. 7 Jahren gegen verschiedene Fortführungsbedingungen verstößt.
Rz. 440
Schädlich ist insoweit zunächst die Veräußerung des begünstigt erworbenen Vermögens. Außerdem stellt § 13a Abs. 6 ErbStG eine Vielzahl von Tatbeständen, die in ihren Rechtsfolgen einer Veräußerung vergleichbar sind, der tatsächlichen Veräußerung gleich.
Der Grund eines Verstoßes gegen die Fortführungsbedingungen des § 13a Abs. 6 ErbStG ist prinzipiell irrelevant. Somit kommt es auch nicht darauf an, ob und inwieweit der Erwerber aus freien Stücken oder gezwungenermaßen gegen die sich aus § 13a Abs. 5 ErbStG ergebenden Verpflichtungen verstoßen hat. Nachsteuerschädlich sind daher z.B. auch Veräußerungen bzw. Aufgaben wegen der Erteilung eines Berufsverbots oder wegen des Eintritts einer Insolvenz.
Rz. 441
Als Veräußerung ist entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand von einer Person auf eine andere anzusehen. Die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums kann – steuerrechtlich – genügen. Die Einräumung von Nutzungsrechten stellt aber grundsätzlich keine Veräußerung dar.
Als Veräußerung ist auch die Weitergabe begünstigten Vermögens als Abfindung i.S.v. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG oder zur Erfüllung anderer schuldrechtlicher Ansprüche (Geldvermächtnisse, Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsansprüche) anzusehen.
Einer Veräußerung gleichgestellt ist die Aufgabe des Betriebs (oder Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils).
Rz. 442
Die schädliche Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist z.B. anzunehmen, wenn der Gesellschaftsanteil des Steuerpflichtigen entgeltlich auf einen neu eintretenden oder einen bereits beteiligten Erwerber übertragen wird. Dasselbe gilt, wenn der Gesellschaftsanteil einem oder mehreren anderen Gesellschaftern anwächst, und zwar auch dann, wenn – bei einer zweigliedrigen Gesellschaft – hierdurch die Gesellschaft erlischt. Das Veräußerungsentgelt besteht dann im Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters bzw. seiner Erben nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB.
Rz. 443
Schließlich können auch der Eintritt eines neuen Gesellschafters sowie die Aufstockung der Beteiligung eines Mitgesellschafters als Veräußerung anzusehen sein, wenn hierbei ein Entgelt erbracht wird.
Entsprechendes gilt auch für Anteile an einem der Ausübung selbstständiger Arbeit dienenden Vermögen i.S.v. § 18 Abs. 4 EStG.
Rz. 444
Die Veräußerung bzw. Aufgabe von Teilbetrieben steht gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG der von ganzen Gewerbebetrieben bzw. Mitunternehmeranteilen gleich. Dasselbe gilt gem. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG auch im Falle der Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen sowie deren Entnahme bzw. ihre Zuführung zu betriebsfremden Zwecken. Da es nach Ansicht des BFH für den Wegfall der Steuerbefreiung irrelevant ist, aus welchen Gründen begünstigt erworbenes Betriebsvermögen veräußert (oder der Betrieb aufgegeben) wird, ist es für den Verstoß gegen die Behaltensregelungen ohne Belang, ob die Veräußerung etc. mit oder gegen den Willen des begünstigten Erwerbers erfolgt.
Rz. 445
Schließlich könne auch Umwandlungsvorgänge i.S.d. §§ 20, 24 UmwStG Veräußerungen darstellen. Um einen – entsprechend der ertragsteuerlichen Behandlung – in diesen Fällen nicht gewünschten Wegfall der erbschaftsteuerrechtlichen Verschonungen zu vermeiden, ordnet aber § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 Alt. 2 ErbStG ausdrücklich ihre Privilegierung an. Dies gilt sowohl für die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Kapitalgesellschaft (§ 20 UmwStG) als auch für die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG), soweit die Einbringung des Betriebs, des Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erfolgt.
Rz. 446
Die Privilegierung von Umwandlungsvorgängen führt allerdings nicht dazu, dass das hiervon betroffene begünstigte Vermögen vollständig aus der Behaltensfrist herausfällt. Vielmehr setzt sich die Behaltensfrist an den im Rahmen der Einbringung erhaltenen Gesellschaftsanteilen fort. Werden diese später (vor Ablauf der Behaltensfrist) veräußert, stellt dies einen Verstoß gegen die Behaltensregelung dar und führt zur Nachversteuerung.
Rz. 447
Die Behaltensregelungen des § 13a Abs. 6 ErbStG gelten für sämtliches begünstigt erworbenes Vermögen, also für alle Vermögensteile, die (alternativ oder kumulativ) dem Verschonungsabschlag nach § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG unterlegen haben bzw. für die der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG gewährt wurde. Nicht relevant sind sie hinsichtlich des jungen Verwaltungsvermögens i.S.v. § 13b Abs. 7 ErbStG, da dieses gem. § 13b Abs. 7 S. 2 ErbStG von vornherein nicht zum begünstigten Vermögen gehört, sodass sich diesbezüglich weder Verschonungsabschlag noch Abz...