a) Grundsätzliches
Rz. 17
Die gegenständliche Auseinandersetzung über das Vermögen einer (jeden) Gesamthand wird steuerlich als Realteilung bezeichnet. Begrifflich ist sie von der sog. Sachwertabfindung abzugrenzen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass im Rahmen der Realteilung das zu teilende Objekt (z.B. ein Betrieb) zwingend (als solches) untergeht, während es bei der Sachwertabfindung prinzipiell erhalten bleiben kann. So führt beispielsweise die Realteilung eines Betriebes einer Mitunternehmerschaft (durch diese) zur Aufgabe dieses Betriebes. Im Falle der Sachwertabfindung scheiden nur einzelne Wirtschaftsgüter aus dem Betrieb aus, dieser kann aber im Übrigen in der Hand der Mitunternehmerschaft fortbestehen.
b) Realteilung von Privatvermögen
Rz. 18
Erfolgt die Erbauseinandersetzung über Privatvermögen durch eine gegenständliche Aufteilung des Nachlasses bzw. der zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenstände, ist sie steuerlich grundsätzlich irrelevant (steuerneutral). Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, soweit zwischen den Beteiligten keine Ausgleichszahlungen geleistet werden.
Entscheidend für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Privatvermögen sind einzig und allein die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erbfalls. Die "Historie" der Wirtschaftsgüter spielt insoweit keine Rolle. Das gilt selbst dann, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nach §§ 17, 23 EStG oder nach § 21 UmwStG steuerverhaftet sein sollten.
c) Betriebsvermögen
Rz. 19
Eine gegenständliche Aufteilung ist auch bei der Auseinandersetzung über Betriebsvermögen (bzw. Mitunternehmeranteile) möglich. Auch hier kann eine Steuerneutralität erreicht werden, wenn den Miterben im Rahmen der Teilung nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter zugewiesen werden, sondern sie stattdessen jeweils einen (oder mehrere) Betrieb, einen (für sich lebensfähigen) Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhalten. Denn soweit ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil (oder ein Teil der vorgenannten Vermögensgegenstände) unentgeltlich übergeht, schreibt § 6 Abs. 3 EStG zwingend die Fortführung der Buchwerte durch den Erwerber vor.
Rz. 20
Voraussetzung dieser Behandlung ist aber, dass die wesentlichen Betriebsgrundlagen des der Erbengemeinschaft angefallenen Gewerbebetriebs auch nach Abschluss der Realteilung Betriebsvermögen bleiben und die spätere Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (§ 6 Abs. 3 S. 2 EStG).
Rz. 21
Beispiel
S und T sind Miterben zu je ½. Zum Nachlass gehören zwei Betriebe im Wert von je 1 Mio. EUR. S erhält Betrieb 1, T erhält Betrieb 2.
Lösung
In dieser Konstellation liegt keine Betriebsaufgabe vor. Jeder der beiden Betriebe bleibt auch nach der Realteilung der Erbengemeinschaft bestehen und wird in dieser unveränderten Form auf den jeweiligen Miterben übertragen. Die Buchwerte sind für die beiden Betriebe fortzuführen (§ 16 Abs. 3 S. 2 bis 4 EStG). Eine Aufdeckung der stillen Reserven bzw. eine Besteuerung kommt nicht in Betracht.
Rz. 22
Die bloße Realteilung stellt weder einen Tausch oder tauschähnlichen Vorgang der Miteigentumsanteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern noch den Tausch eines Anteils am Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gegen Alleineigentum an den zugewiesenen Wirtschaftsgütern und auch keine (steuerpflichtige) Aufgabe eines Mitunternehmeranteils dar.
Rz. 23
Demzufolge kommt es im Zeitpunkt der Auseinandersetzung zunächst (und das zwingend) zur Buchwertfortführung. Dies kann allerdings rückwirkend entfallen, so dass statt der Buchwerte des Erblassers bzw. der Erbengemeinschaft rückwirkend die gemeinen Werte (= Teilwerte) anzusetzen sind, wenn der Erwerber (Miterbe) binnen einer Sperrfrist von drei Jahren die übernommenen Wirtschaftsgüter veräußert oder in das Privatvermögen überführt (entnimmt). Maßgeblich für den Beginn der Sperrfrist ist der Zeitpunkt der Abgabe der Steuerklärung für den Veranlagungszeitraum der Realteilung durch die abgebende Mitunternehmerschaft, also die Erbengemeinschaft.
Rz. 24
Erhalten einzelne Miterben keine Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile sondern nur einzelne Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, führt dies (wenigstens) zu einer Entnahme der betroffenen Wirtschaftsgüter. Wird der gesamte Nachlass (oder wenigstens die wesentlichen betriebsgrundlagen des Betriebs/Mitunternehmeranteils) in dieser Weise verteilt, kommt es in der Regel sogar zu einer Betriebsaufgabe i.S.v. § 16 Abs. 3 EStG durch die Erbengemeinschaft.
Rz. 25
Beispiel
A und B sind Miterben zu ½. Zum Nachlass gehört ein Betriebsvermögen, das lediglich aus zwei Grundstücken besteht, die beide einen Buchwert von 200.000 EUR und einen Verkehrswert von 2 Mio. EUR haben. A und B setzen sich unter Aufgabe des Betriebs in der Weise auseinander, dass A das Grundstück 1 un...