a) Aufschiebende Bedingung
Rz. 203
Für den bedingten oder befristeten Erwerb von Wirtschaftsgütern bzw. Verbindlichkeiten (Lasten) enthalten §§ 4–8 BewG besondere Vorgaben.
Ob überhaupt eine Bedingung oder Befristung vorliegt, ist allein anhand der zivilrechtlichen Rechtslage zu beurteilen. Eine aufschiebende Bedingung liegt gem. § 158 Abs. 1 BGB vor, wenn ein Rechtsgeschäft vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht wird. Bei der Bedingung muss es sich um ein zukünftiges ungewisses Ereignis handeln. Bei einer auflösenden Bedingung führt der Eintritt der Bedingung dazu, dass die ursprünglichen Wirkungen des Rechtsgeschäfts zukünftig keine Geltung mehr haben sollen (§ 158 Abs. 2 BGB).
Rz. 204
Als Gegenstand einer Bedingung kommt prinzipiell jedes zukünftige Ereignis in Betracht, insbesondere auch Handlungen eines Dritten oder der Parteien selbst (Potestativbedingung). Als Bedingung kann beispielsweise auch die Ausübung eines Options- oder Rücktrittsrechts vereinbart werden, ebenso die Gewährung von Tantiemen, die im freien Ermessen des Arbeitgebers bzw. – im Falle von Gesellschaftergeschäftsführern – der Gesellschafter steht. Potestativbedingungen wirken sich aber bewertungsrechtlich nur aus, wenn sie entweder rechtsgeschäftlich vereinbart oder durch Gesetz festgelegt sind; sie dürfen nicht im freien Belieben des Erwerbers stehen.
Rz. 205
Gem. § 4 BewG wird der am Stichtag (noch) aufschiebend bedingte Erwerb eines Wirtschaftsguts (bzw. einer wirtschaftlichen Einheit) vorläufig nicht berücksichtigt.
Die bisherige (im Zweifel also, die unterbliebene) Besteuerung ist aber zu korrigieren, wenn die aufschiebende Bedingung eintritt, regelmäßig also mit dem Stichtag des Bedingungseintritts. Ausnahmsweise kommt jedoch auch eine Rückwirkung des Bedingungseintritts in Betracht, wenn Gegenstand der Bedingung die Erteilung einer behördlichen Genehmigung (z.B. des Familien- oder Betreuungsgerichts) ist. Diese fällt nicht in den Anwendungsbereich von § 4 BewG und entfaltet daher (auch) steuerlich Rückwirkung. Haben aber die Parteien die Wirksamkeit des zwischen ihnen geschlossenen Rechtsgeschäfts von der Erteilung einer – wie auch immer gearteten – behördlichen Genehmigung abhängig gemacht, fällt auch diese Bedingung unter § 4 BewG; die Rückwirkung der Genehmigung als solcher spielt dann keine Rolle.
b) Auflösende Bedingung
Rz. 206
Für die auflösende Bedingung gelten gem. § 5 Abs. 1 BewG dieselben Grundsätze wie für aufschiebende Bedingung, nur mit umgekehrten Vorzeichen: Nach § 5 Abs. 1 S. 1 BewG sind Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben werden, wie unbedingt erworbene zu behandeln. Die Wirkungen des auflösend bedingten Rechtsgeschäfts treten also sofort ein, mit Eintritt der Bedingung fallen sie wieder weg.
Rz. 207
Das gilt nach § 5 Abs. 1 S. 2 BewG aber nicht, wenn Gegenstand der Bewertung ein Nutzungsrecht von unbestimmter Dauer ist. Hier wird die Ungewissheit hinsichtlich der anzunehmenden Nutzungsdauer durch die in den §§ 13 Abs. 2 und 3, 14, 15 Abs. 3 BewG aufgestellten Regeln unmittelbar im Rahmen der Bewertung berücksichtigt.
c) Berücksichtigung bedingter Lasten
Rz. 208
Spiegelbildlich zu § 4 BewG regelt § 6 Abs. 1 BewG, dass aufschiebend bedingte Lasten bei der Bewertung zunächst unberücksichtigt bleiben. Tritt die Bedingung ein, gilt § 5 Abs. 2 BewG entsprechend (§ 6 Abs. 2 BewG). Auflösend bedingte Lasten werden gem. § 7 Abs. 1 BewG grundsätzlich wie unbedingte abgezogen.
Rz. 209
Ob es sich bei der aufschiebend bedingten Last um eine Erblasserschuld handelt oder ob sie erst anlässlich des steuerpflichtigen Erwerbs beg...