Rz. 216
Sofern besondere Umstände vorliegen, die der Forderung anhaften und sich auf ihren wirtschaftlichen Wert auswirken, ist eine vom Nennbetrag abweichende Bewertung gerechtfertigt. Neben den in § 12 Abs. 2 BewG (Uneinbringlichkeit) und § 12 Abs. 3 BewG (Unverzinslichkeit) explizit geregelten Fällen gilt dies insbesondere beim Vorliegen einer niedrigen oder hohen Verzinsung und einem Ausschluss der Kündbarkeit für einen längeren Zeitraum.
Rz. 217
Von einer niedrigen Verzinsung ist auszugehen, wenn der jährliche Zinssatz unter 3 v.H. liegt; eine hohe Verzinsung wird angenommen, wenn der Zinssatz 9 v.H. p.a. übersteigt. Die Niedrig- bzw. Hochverzinslichkeit muss langfristig ausgerichtet sein. Bei (Rest-)Laufzeiten von weniger als vier Jahren sind Unter- bzw. Überschreitungen des genannten Zinskorridors daher unbeachtlich. Eine Laufzeit von mehr als vier Jahren kann nur dann angenommen werden, wenn diese vor dem Stichtag für die konkrete Forderung vereinbart wurde.
Rz. 218
Der Wertab- bzw. -aufschlag zur Berücksichtigung einer niedrigen bzw. hohen Verzinsung wird durch Kapitalisierung des jeweiligen Zinsverlustes bzw. Zinsgewinns für den Zeitraum vom Stichtag bis zur Fälligkeit (oder zum nächstmöglichen Kündigungstermin) der zu beurteilenden Forderung ermittelt. Der Nennbetrag wird um den jeweilige Zinsgewinn bzw. -verlust korrigiert.
Eine entsprechende Abzinsung ist auch bei betagten Forderungen vorzunehmen.
Ist eine Forderung uneinbringlich, ist sie beim Gläubiger gem. § 12 Abs. 2 BewG gar nicht anzusetzen. Von Uneinbringlichkeit ist auszugehen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist oder wenn eine grundpfandrechtlich gesicherte Forderung im Rahmen der Zwangsversteigerung ausgefallen ist. Im Einzelfall können auch verjährte Forderungen als uneinbringlich anzusehen sein. Grundsätzlich ist die Frage aufgrund sämtlicher Umstände des Einzelfalls (insbesondere Einkommens- und Vermögensverhältnisse des jeweiligen Schuldners) zu beurteilen.
Rz. 219
Auch unverzinsliche, befristete Kapitalforderungen und Schulden mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr sind gem. § 12 Abs. 3 BewG nicht mit ihrem Nennbetrag anzusetzen. Für sie ist vielmehr der jeweilige Gegenwartswert zu bestimmen. Dieser ergibt sich als Differenz von Nennbetrag und Zwischenzinsen (unter Berücksichtigung von Zinseszinsen), wobei ein Zinssatz von 5,5 v.H. p.a. zugrunde gelegt wird.
Liegt die Restlaufzeit bei einem Jahr oder weniger, findet eine Abzinsung nicht statt. Dies gilt auch für Kapitalforderungen ohne feste Laufzeit, die also jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden können. Diese werden stets ohne Rücksicht auf die Höhe des vereinbarten Zinssatzes mit dem Nennbetrag bewertet.