Rz. 357
Allerdings kommt unter bestimmten Voraussetzungen eine Zusammenrechnung der durch den Übergeber unmittelbar gehaltenen Beteiligung mit Beteiligungen anderer Gesellschafter (Poolung) in Betracht. Dies setzt voraus, dass der Übergeber und die anderen Gesellschafter sich untereinander verpflichten, über ihre Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nicht in derselben Weise gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben.
Rz. 358
Die Verfügungsbeschränkung nach § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG kann auf zweierlei Arten ausgestaltet werden: zum einen durch die Verpflichtung, "über die Anteile nur einheitlich zu verfügen", und zum anderen durch die Verpflichtung, die Anteile "ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen".
Rz. 359
"Verfügung" bezeichnet die Übertragung von Gesellschaftsanteilen (bzw. des Eigentums an Anteilen). Ob diese entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt, spielt keine Rolle. Daher sind auch schenkweise Übertragungen, ggf. sogar Übergänge von Todes wegen, als Verfügungen anzusehen.
Das Gesetz fordert andererseits nicht, dass über sämtliche der Poolvereinbarung unterliegenden Anteile gleichzeitig oder etwa nur zugunsten desselben Erwerbers verfügt wird bzw. verfügt werden darf. Vielmehr reicht es aus, wenn der Poolvertrag den Kreis in Betracht kommender Erwerber in einer Weise eingrenzt, die im jeweiligen Einzelfall die Feststellung der Zulässigkeit der Verfügung ermöglicht und verhindert, dass ohne Zustimmung der übrigen Poolmitglieder Anteile an fremde Dritte übertragen werden.
Rz. 360
Alternativ können sich die Poolbeteiligten auch verpflichten, ihre jeweiligen Anteile ausschließlich auf andere demselben Poolvertrag ("derselben Verpflichtung") unterliegende Anteilseigner zu übertragen. Dies bedeutet keine Beschränkung auf Übertragungen nur zwischen den ursprünglichen Pool-Beteiligten. Ein Erwerber muss aber spätestens zeitgleich mit der Verfügung über den Anteil, also mit dem Eigentumsübergang der Poolvereinbarung, beitreten.
Rz. 361
Die beiden Varianten der Verfügungsbeschränkung (einheitliche Verfügung bzw. Übertragung ausschließlich auf derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner) sind alternativ zu verstehen. Es genügt also, wenn die Poolvereinbarung nur eine der beiden Restriktionen vorsieht.
Rz. 362
Zusätzlich (kumulativ) muss die Poolvereinbarung aber auf jeden Fall auch eine Stimmrechtsbindung vorsehen. Gefordert wird hier eine Verpflichtung, "das Stimmrecht gegenüber nicht gebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben".
Rz. 363
Das setzt voraus, dass die Einflussnahme einzelner Anteilseigner zum Zwecke einer einheitlichen Willensbildung zurücktreten muss, was nach Auffassung der Finanzverwaltung nur der Fall sein kann, wenn die Anteile überhaupt ein Stimmrecht vermitteln. Stimmrechtslose Anteile sollen daher nicht zur Einbeziehung in Poolvereinbarungen geeignet seien.
Im Übrigen bestehen für die in dem Poolvertrag enthaltene Vereinbarung über die Stimmrechtsbindung keine weiteren gesetzlichen Vorgaben. "Ad-hoc-Stimmbindungen" nur für den jeweiligen Einzelfall dürften den gesetzlichen Anforderungen dennoch nicht genügen.
Rz. 364
In formaler Hinsicht fordert die Verwaltung lediglich, dass die Poolvereinbarung schriftlich abgeschlossen werden muss. Sie kann sich auch aus dem Gesellschaftsvertrag selbst ergeben. Entscheidend ist, dass sie im Besteuerungszeitpunkt (nicht unbedingt vorher) wirksam vorliegt. Eine Mindestbestandsdauer (vor dem Übertragungsstichtag) ist nicht einzuhalten.
Die Beteiligung an einem Pool kann auch darauf beruhen, dass der jeweilige Gesellschafter als Rechtsnachfolger in die Pflichten einer entsprechenden, durch seinen Rechtsvorgänger geschlossenen Vereinbarung eintritt.
Rz. 365
Rechtsfolge des Vorliegens einer den Anforderungen von § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG genügenden Poolvereinbarung ist die Möglichkeit der Zusammenrechnung der vom Erblasser/Schenker unmittelbar gehaltenen Anteile mit den Anteilen der übrigen durch die Poolvereinbarung gebundenen Gesellschafter bei der Prüfung der Mindestbeteiligungsquote. Übersteigt die sich so ergebende Summe der Beteiligungen die Mindestbeteiligungsquote (mehr als 25 % des Nennkapitals), sind sämtliche Anteile begünstigt.