Rz. 428
Der dauerhafte Bestand der gewährten Verschonungen ist nach dem Gesetz davon abhängig, dass der Erwerber den Betrieb (bzw. die Gesellschaftsbeteiligung) für wenigstens 5 (bzw. 7) Jahre fortführt (bzw. behält). In dieser Zeit dürfen keine wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert werden, ohne dass der dabei erzielte Erlös reinvestiert wird. Außerdem dürfen keine sog. Überentnahmen getätigt werden und die Mindestlohnsumme ist einzuhalten. Verstöße gegen diese nachlaufenden Verpflichtungen führen jeweils zu einer Neuberechnung der Steuer und somit zu einer Nachversteuerung.
aa) Mindestlohnsumme
(1) Lohnsummenkriterium
Rz. 429
Die Mindestlohnsumme wird nur dann kontrolliert, wenn das übertragene Unternehmen ("der Betrieb") im Besteuerungszeitpunkt mehr als fünf Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 3 S. 3 Nr. 2 ErbStG) und die Ausgangslohnsumme mehr als 0 EUR beträgt (§ 13a Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ErbStG).
Soweit das übertragungsgegenständliche Unternehmen (oder die Gesellschaft) an anderen Gesellschaften unmittelbar und/oder mittelbar beteiligt ist, sind zur Bestimmung der Beschäftigtenzahl nicht nur die bei der Obergesellschaft angestellten Beschäftigten zu berücksichtigen, sondern – anteilig entsprechend des Beteiligungsumfangs – nach § 13a Abs. 3 S. 11 und 12 ErbStG auch die in den nachgeordneten Gesellschaften Tätigen.
Rz. 430
Zu den Beschäftigten i.S.v. § 13a Abs. 3 ErbStG gehören grundsätzlich sämtliche auf den Lohn- und Gehaltslisten erfassten Arbeitnehmer, die ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind.
Außer Ansatz bleiben nach § 13a Abs. 3 S. 7 ErbStG Vergütungen solche Arbeitnehmer, die
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sich im Mutterschutz befinden (Nr. 1) |
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Maßgeblich für die Beurteilung sind die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.6.2002, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2012. |
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sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden (Nr. 2) |
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Krankengeld beziehen (Nr. 3) |
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Maßgeblich für die Beurteilung ist § 44 SGB V |
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Elterngeld beziehen (Nr. 4) Maßgeblich für die Beurteilung sind die Vorgaben des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.6.2015. |
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nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind, also Saisonarbeiter (Nr. 5). |
Rz. 431
Den Begriff der "Lohnsumme" definiert § 13a Abs. 3 S. 6 ff. ErbStG. Demgemäß umfasst sie grds. alle Vergütungen, die an die in der Lohnbuchhaltung erfassten Beschäftigten gezahlt werden (§ 13a Abs. 3 S. 8 ErbStG). Bei mehrstufigen Beteiligungen erfolgt eine anteilige Zurechnung der Lohnsummen nachgeordneter Unternehmen.
Rz. 432
Zur Lohnsumme gehören sämtliche tatsächlich an die Beschäftigten gezahlten Vergütungen. Ein kalkulatorischer Unternehmerlohn (§ 202 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BewG) ist ebenso wenig zu berücksichtigen, wie von dritter Seite getragene Aufwendungen.
Gemäß § 13a Abs. 3 S. 9 ErbStG gehören zur Lohnsumme insbesondere auch alle von den Beschäftigten zu entrichtenden Sozialversicherungsbeiträge, Einkommensteuern und Zuschlagsteuern, auch dann, wenn diese vom Arbeitgeber einzubehalten und abzuführen sind. Gleiches gilt für Zuführungen zur Altersvorsorge, die aus Entgeltumwandlungen gespeist werden, und für (nicht regelmäßig gezahlte) Sondervergütungen, Prämien, Gratifikationen, Abfindungen, Zuschüsse zu Lebenshaltungskosten, Familienzulagen, Provisionen, Teilnehmergebühren und vergleichbare Vergütungen sowie für Leistungen im Rahmen von Mitarbeiter- und Vermögensbeteiligungen i.S.d. § 19a EStG, des 5. VermBG und anderer Mitarbeiterkapitalbeteiligungsmodelle. Auch das Kurzarbeitergeld ist in die Lohnsumme einzubeziehen, soweit es den Arbeitnehmern tatsächlich zufließt.
Rz. 433
Als Ausgangslohnsumme bestimmt § 13a Abs. 3 S. 2 ErbStG die durchschnittliche Lohnsumme der letzten fünf vor dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (Stichtag) endenden Wirtschaftsjahre.
Rz. 434
Als Lohnsummenfrist bezeichnet das Gesetz den Zeitraum, innerhalb dessen die Mindestlohnsumme erreicht werden muss.
Für den Fall der Regelverschonung gewährt § 13a Abs. 3 S. 1 ErbStG eine Lohnsummenfrist von fünf Jahren. Im Falle der Optionsverschonung (§ 13a Abs. 10 ErbStG) dauert die Lohnsummenfrist sieben Jahre. Sie ist in jedem Fall stichtagsgenau zu berechnen.
Rz. 435
Die Vorgaben für die Mindestlohnsumme sind nach der Beschäftigtenzahl gestaffelt (§ 13a Abs. 3 S. 3 ErbStG):
Beschäftigtenzahl |
Regelverschonung |
Optionsverschonung |
|
Lohnsummenfrist = 5 Jahre |
Lohnsummenfrist = 7 Jahre |
≤ 5 |
Lohnsumme unbeachtlich |
|
Mindestlohnsumme |
>5 ≤ 10 |
250 % der Ausgangslohnsumme |
500 % der Ausgangslohnsumme |
>10 ≤ 15 |
300 % der Ausgangslohnsumme |
565 % der Ausgangslohnsumme |
>15 |
400 % der Ausgangslohnsumme |
700 % der Ausgangslohnsumme |