aa) Auflagen und Bedingungen
Rz. 116
Gem. § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG gilt auch dasjenige als vom Erblasser zugewendet, was aufgrund der Vollziehung einer Auflage durch den Auflagenbegünstigten erworben wird.
Rz. 117
Auflage und Vermächtnis unterscheiden sich – zivilrechtlich – dadurch, dass der Begünstigte einer Auflage gemäß § 1940 BGB keinen eigenen Leistungsanspruch gegen den Erben hat. Daher kann auch die Steuerpflicht nicht an den Erwerb eines – wie auch immer gearteten – Leistungsanspruchs anknüpfen. Konsequenterweise gilt daher als steuerpflichtiger Erwerb dasjenige, was der Begünstigte durch die Vollziehung einer Auflage (tatsächlich) erlangt (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG). Die Steuer entsteht daher nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d ErbStG erst mit der Vollziehung der Auflage.
bb) Abfindung für Ausschlagung
Rz. 118
Die Ausschlagung eines Erben oder Vermächtnisnehmers hat zur Folge, dass sein Erwerb von Todes wegen rückwirkend entfällt bzw. gar nicht erst eintritt. Eine Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG besteht dann nicht. Erhält der Ausschlagende aber für seine Ausschlagung eine Abfindung, unterliegt auch diese als Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG der Besteuerung. Die Vorschrift schließt eine (sonst) bestehende Besteuerungslücke, indem sie bezüglich der Abfindung einen Erwerb vom Erblasser fingiert. Dieselben Grundsätze gelten auch für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag zugunsten Dritter sowie für die (gegen Abfindung erfolgenden) Zurückweisungen irgendwelcher anderen Erwerbe i.S.v. § 3 Abs. 1 ErbStG.
Rz. 119
Gem. § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG gelten dieselben Grundsätze auch dann, wenn ein bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis (das nicht mehr ausgeschlagen werden kann) vor Eintritt der Bedingung oder Betagung abgefunden wird.
cc) Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts
Rz. 120
Ab dem Anfall der Vorerbschaft steht dem Nacherben (bis zum Nacherbfall) ein sog. Nacherbenanwartschaftsrecht zu, das – soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist – übertragbar bzw. veräußerbar ist. Die entgeltliche Übertragung bzw. Veräußerung des Nacherbenanwartschaftsrechts steht wirtschaftlich einer Realisierung des eigentlichen Erbanspruchs gleich. Um auch hier keine Besteuerungslücke eintreten zu lassen, normiert § 3 Abs. 2 Nr. 6 ErbStG, dass das für die Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts erhaltene Entgelt ebenfalls als Erwerb vom Erblasser gilt.
dd) Herausgabeansprüche nach §§ 2287, 2288 BGB
Rz. 121
Nach § 2287 BGB kann ein Vertragserbe, dessen Erwerb durch lebzeitige (sog. bösliche) Schenkungen des Erblassers beeinträchtigt ist, von dem bzw. den Beschenkten die Herausgabe des/der Geschenke nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verlangen. Das, was er auf diese Weise verlangen kann, gilt nach § 3 Abs. 2 Nr. 7 ErbStG als vom Erblasser erworben und ist demzufolge auch der Besteuerung (als Erwerb von Todes wegen) unterworfen. Dasselbe gilt auch für den Schlusserben eines gemeinschaftlichen Testaments sowie für den Vermächtnisnehmer, der wegen beeinträchtigender Schenkungen des Erblassers Regress verlangen kann. Bemessungsgrundlage ist in allen diesen Fällen stets der (theoretische) Herausgabeanspruch, also nicht nur der tatsächlich realisierte Wert.