1. Einkünfte aus Gegenständen des (steuerlichen) Privatvermögens
Rz. 8
Mit dem Erbfall eintretende Gewinnrealisierungen werden grundsätzlich noch dem Erblasser steuerlich zugerechnet. Insoweit handelt es sich also nicht um Einkünfte des Nachlasses bzw. der Erben.
Soweit der oder die Erben (nach dem Erbfall) durch Nutzung des Nachlassvermögens Einkünfte erzielen, sind diese natürlich zu versteuern. Insoweit gelten folgende Grundsätze:
Vermietungseinkünfte aus dem Privatvermögen zuzurechnenden Immobilien und Einkünfte aus Kapitalvermögen sind steuerlich dem Alleinerben bzw. den einzelnen Miterben anteilig zuzurechnen. Der bzw. die Erben verwirklichen den jeweiligen Tatbestand der Einkünfteerzielung (z.B. § 20 bzw. § 21 EStG). Die Einkünftezurechnung bei Miterben erfolgt entsprechend dem Verhältnis ihrer Erbteile zueinander, § 24 Nr. 2 EStG i.V.m. §§ 2038 Abs. 2, 743 Abs. 1 BGB.
2. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit
Rz. 9
Prinzipiell ist es möglich, dass die Erben nach Eintritt des Erbfalls eine ererbte freiberufliche Praxis weiterführen. In diesem Fall erzielen die Erben (jeweils) Einkünfte nach § 18 EStG. Dies ist aber in der Praxis meist nur möglich, soweit der Erbe über die entsprechende berufliche Qualifikation verfügt.
Rz. 10
Dasselbe gilt grundsätzlich auch für eine Mehrheit von Erben (Erbengemeinschaft). Allerdings ist hier Fortführungsvoraussetzung, dass sämtliche Miterben die erforderliche Qualifikation besitzen müssen. Fehlt diese auch nur bei einem von ihnen, erzielt die Erbengemeinschaft insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ist mit diesen gemäß § 2 GewStG auch gewerbesteuerpflichtig.
Etwas anderes gilt aber (nach Auffassung der Finanzverwaltung), wenn die Erbengemeinschaft die freiberufliche Praxis innerhalb von maximal sechs Monaten auf einen qualifizierten Berufsträger überträgt. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass eine solche Übertragung oftmals einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn der Erbengemeinschaft (§§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 1 EStG) auslösen dürfte. Dieser kann unter Umständen der privilegierten Besteuerung nach §§ 16 Abs. 4, 34 EStG unterliegen.
3. Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Rz. 11
Wird ein Einzelunternehmen vererbt, bleibt dieses auch nach dem Erbfall (zunächst) ein Einzelunternehmen. Auch bei einer Mehrheit von Erben kommt es nicht zu einer automatischen "Umwandlung" des Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft; vielmehr wird die Erbengemeinschaft (gesamthänderisch) Trägerin des Einzelunternehmens.
Erbt ein Alleinerbe ein Einzelunternehmen, führt er steuerlich die Buchwerte des Erblassers fort und erzielt – im Falle der Fortsetzung des Betriebs – Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 Abs. 1 EStG). Nichts anderes gilt prinzipiell beim Anfall an eine Erbengemeinschaft mit anschließender Fortsetzung des Unternehmens. Der einzige Unterschied gegenüber der Alleinerben-Variante besteht darin, dass die Miterben durch den Erbfall steuerlich Mitunternehmer werden (i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Die Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft vermittelt ihnen regelmäßig sowohl Mitunternehmerrisiko als auch Mitunternehmerinitiative. Vor diesem Hintergrund wird die Erbengemeinschaft auch als "geborene Mitunternehmerschaft" bezeichnet. Welcher Anteil am Gewinn und Verlust auf die einzelnen Miterben (Mitunternehmer) entfällt, ist im Regelfall anhand der Erbquoten zu beurteilen.
Rz. 12
Die ab dem Erbfall erzielten Einkünfte der Erben sind nach den allgemeinen Grundsätzen zu qualifizieren bzw. den einzelnen Einkunftsarten zuzurechnen. Es gelten die §§ 13–18 EStG.
Ist einer der Erben für das zum Nachlass gehörende Unternehmen aufgrund eines Anstellungsvertrages oder freiberuflich tätig (oder hat er dem Unternehmen Gegenstände vermietet), können die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte nach dem Erbfall anders zu qualifizieren sein als vor dem Erbfall. Dies gilt immer dann, wenn es sich bei dem zum Nachlass gehörenden Unternehmen um ein Personenunternehmen (Einzelunternehmen oder Personengesellschaft) handelt und der betroffene Erbe durch den Erbfall die Stellung eines Mitunternehmers erlangt hat. Denn dann gelten alle ihm aus dem Unternehmen zufließenden Vermögenwerte (auch Tätigkeitsvergütungen und oder Nutzungsentgelte für überlassene Wirtschaftsgüter) als gewerbliche Einkünfte nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2 EStG (und nicht mehr als Arbeits- oder Vermietungseinkünfte).
Rz. 13
Abweichungen vom Grundsatz der anteiligen Zurechnung der erzielten Einkünfte bei den einzelnen Miterben gelten, wenn die Erbengemeinschaft sich innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall (wenigstens in Bezug auf das Unternehmen) auseinandersetzt. In diesem Fall können nach Auffassung der Finanzverwaltung die bis zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung erzielten Einkünfte dem- bzw. denjenigen zugerechnet werden, der/die im Rahmen der Erbauseinandersetzung das Unternehmen...