Rz. 521
Unterliegt ein Vermögensübergang sowohl in Deutschland als auch in einem anderen Staat der Besteuerung kann eine doppelte Belastung desselben Erwerbsvorgangs eintreten. Dies kann mit Hilfe verschiedener Mechanismen vermieden oder wenigstens gemildert werden. Zum einen besteht von Gesetzes wegen die Möglichkeit der Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuern auf die deutsche Erbschaftsteuer; zum anderen können Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entsprechende Regelungen vorsehen.
1. Anrechnung ausländischer Erbschaftsteuer (§ 21 ErbStG)
a) Überblick
Rz. 522
Außerhalb des Anwendungsbereichs von DBA wird eine mehrfache Besteuerung dadurch abgemildert, dass die im Ausland angefallene bzw. bezahlte Erbschaftsteuer (auf das Auslandsvermögen) auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet wird (§ 21 ErbStG). Dasselbe gilt auch für ausländische Schenkungsteuern. Soweit eine ausländische Erbschaftsteuer nicht anrechenbar ist, kann sie grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abgezogen werden.
b) Unbeschränkte Steuerpflicht
Rz. 523
Eine Anrechnung nach § 21 ErbStG setzt voraus, dass der Erwerber in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig ist (§ 21 Abs. 1 S. 1 ErbStG). Bei allen Arten der beschränkten Steuerpflicht scheidet eine Anrechnung von vornherein aus.
c) Auslandsvermögen
Rz. 524
Gegenstand der Anrechnung ist stets nur das sog. Auslandsvermögen. Dessen Umfang hängt davon ab, ob der Erblasser oder Schenker zur Zeit der Steuerentstehung Inländer war oder nicht (§ 21 Abs. 2 ErbStG).
Rz. 525
War der Erblasser oder Schenker Inländer, gehören nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG zum Auslandsvermögen nur die in § 121 BewG genannten Vermögensgegenstände, die in einem ausländischen Staat belegen sind (enger Auslandsvermögensbegriff). Der enge Auslandsvermögensbegriff bildet quasi das Spiegelbild des Inlandsvermögens nach § 121 BewG
War der Erblasser/Schenker kein Steuerinländer, umfasst das Auslandsvermögen nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG alle Vermögensgegenstände, die kein Inlandsvermögen nach § 121 BewG darstellen (weiter Auslandsvermögensbegriff). Nutzungsrechte an Auslandsvermögen werden grundsätzlich als Auslandsvermögen behandelt.
d) Ausländische Steuer
Rz. 526
Angerechnet werden kann nur die Steuer, die im Ausland tatsächlich angefallen bzw. bezahlt wurde. Der Erwerber muss daher in dem ausländischen Staat überhaupt zu einer der Steuer herangezogen werden, die der deutschen Erbschaftsteuer entspricht.
Gemeint sind hier solche ausländischen Steuern, die unmittelbar auf einen Erwerb von Todes wegen entsteht oder auf einen freigebigen Vermögensübergang erhoben wird. Nicht in diese Kategorie fallen aber ausländische Gewinnsteuern (z.B. capital gains tax), die einen fiktiven Veräußerungsgewinn des Erblassers besteuern. Solche Steuern bilden aber Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG und können als solche abgezogen werden.
Rz. 527
Ob die ausländische Steuer den Erben rechtlich belastet, ist nicht entscheidend, solange sie ihn (nur) wirtschaftlich trifft. Daher spielt es auch keine Rolle, ob im Ausland eine Erbanfallsteuer (wie in Deutschland) erhoben wird oder ob der Nachlass als Ganzes besteuert wird (Nachlasssteuer).
Bei Nachlasssteuern wird bei jedem Erwerber der Teil der Steuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet, der auf die von ihm erworbenen Rechtspositionen entfällt.
Rz. 528
Weitere Anrechnungsvoraussetzung ist, dass die ausländische Steuer solches Vermögen belastet, das auch der deutschen Besteuerung unterliegt. Es muss also eine Vermögensidentität bestehen.
e) Festsetzung und Zahlung der ausländischen Steuer, Nachweise
Rz. 529
Angerechnet wird nur die ausländische Steuer, die bestandskräftig festgesetzt ist und auch tatsächlich gezahlt wurde. Sie darf keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegen. Festsetzung und Zahlung muss der Steuerpflichtige durch Vorlage entsprechender Urkunden nachweisen (§ 21 Abs. 3 ErbStG). Soweit ihm hierdurch Kosten entstehen, sind diese als Erwerbskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG abzugsfähig.
Nach § 21 Abs. 1 ErbStG ist die ausländische Steuer nur anrechenbar, wenn die deutsche Erbschaftsteuer für das Auslandsvermögen innerhalb von fünf Jahren seit dem Zeitpunkt der Entstehung der ausländischen Erbschaftsteuer entstanden ist.
f) Antrag
Rz. 530
Die Anrechnung setzt einen entsprechenden Antrag des Steuerpflichtigen voraus. Wird dieser gestellt, besteht auf die Anrechnung ein Rechtsanspruch. Eine Antragsfrist ist gesetzlich nicht vorgesehen, so dass die Antragstellung zur Bestandskraft des Erbschaftsteuerbescheides möglich ist, im Zweifel also bis zum Ende des finanzgerichtlichen Verfahrens in der I. Instanz.
Antragsberechtigt sind neben dem Steuerschuldner sämtliche Personen, die zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet sind, also z.B. auch ein Testamentsvollstrecker oder ein Nachlasspfleger ...