Rz. 8
§ 267 StGB unterscheidet zwischen drei Modalitäten der Urkundenfälschung. Dem Herstellen einer unechten Urkunde (Vollfälschung) werden das Verfälschen einer echten Urkunde und das Gebrauchen einer unechten oder verfälschten Urkunde gleichgestellt. Im erbrechtlichen Zusammenhang wird regelmäßig die Urkundseigenschaft des Testaments nicht in Frage stehen. Zu problematisieren sind hinsichtlich der Urkundsqualität im vorliegenden Zusammenhang nur zwei Fallkonstellationen:
Beispiel 1
Der Erblasser hat seinen letzten Willen auf mehreren losen Blättern handschriftlich niedergelegt, die Unterschrift befindet sich allerdings nicht hierauf, sondern auf dem die Blätter enthaltenden Umschlag.
Anders als im Zivilrecht ist die (strafrechtliche) Urkundseigenschaft einer solchen Erklärung im Beispiel 1 zu bejahen. Das Strafrecht verlangt lediglich die hinreichende Verkörperung einer menschlichen Gedankenerklärung, die ihren Aussteller, d.h. den Erklärenden, erkennen lässt.
Unter diesen weiten strafrechtlichen Urkundsbegriff fallen mithin auch die losen Blätter einer Urkunde, die in dem die Unterschrift tragenden Umschlag verwahrt werden; sie reichen als verkörperte, d.h. mit einer Sache fest verbundene, und auch verständliche Gedankenerklärung durch den Aussteller aus. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es an der Beweisbestimmung oder Beweiseignung fehlen würde.
Rz. 9
Beispiel 2
Der Erblasser hat im Beispiel 1 zum Ausdruck gebracht, dass die im Briefumschlag enthaltene Verfügung deshalb noch nicht unterschrieben ist, weil es sich um einen Entwurf handelt.
Bloße Entwürfe einer Urkunde unterfallen auch nicht dem weiten strafrechtlichen Urkundsbegriff. Da Urkunden bestimmt und geeignet sein müssen, Beweis zu erbringen und es sich bei letztwilligen Verfügungen von Todes wegen um sogenannte originäre Urkunden oder Absichtsurkunden handelt, ist entscheidend, ob der Verfügende will, dass seine Erklärung Beweis erbringen kann. Der bloße Entwurf einer solchen Urkunde unterfällt § 267 StGB nicht. In diesen Fällen hat nämlich der Aussteller eine Erklärung gerade noch nicht abgegeben. Der Erklärende hat im Rahmen eines Entwurfs nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht den Willen, sich rechtserheblich zu äußern. Mangels Rechtsbindungswillen fehlt es also an einer Erklärung, denn diese soll erst zukünftig abgeben werden.
§ 267 StGB erfasst verschiedene Tathandlungen, die zu einer unechten Urkunde führen müssen. Unecht ist eine Urkunde, wenn sie nicht von demjenigen herrührt, der aus ihr als Aussteller hervorgeht. Aussteller ist danach der geistig hinter der Gedankenerklärung Stehende, wobei er sie als seine Erklärung gelten lassen will und sie ihm als eigene zurechenbar ist. Grundsätzlich nicht entscheidend ist, wer die Urkunde körperlich hergestellt hat. Etwas anderes gilt allerdings, wenn das Gesetz die höchstpersönliche Erstellung fordert. Hierbei ist von Fall zu Fall zu unterscheiden, ob eine unechte Urkunde vorliegt. Unproblematisch ist zunächst die Totalfälschung eines Testaments, bei der der "Erbe" die Handschrift des Erblassers nachahmt und mit seinem Namen unterzeichnet.
In diesem Fall der Totalfälschung ist der vermeintliche Aussteller gerade nicht Erklärungsgarant, so dass die Unechtheit problemlos gegeben ist.
In derartigen Fällen ist im Strafverfahren über die Abteilungen der polizeitechnischen Untersuchung (PTU) der Landeskriminalämter ein Schriftsachverständigengutachten einzuholen.
Rz. 10
Schwieriger wird die rechtliche Beurteilung, wenn die "Totalfälschung" im Auftrag des Erblassers erfolgt.
Beispiel 3
Der aufgrund einer schweren Nervenerkrankung am Schreiben gehinderte Erblasser fordert den (zukünftigen) Erben E auf, für ihn das Testament handschriftlich zu verfassen und zu unterzeichnen.
Nach der ganz herrschenden Meinung kann strafrechtlich eine Urkunde trotz Auseinanderfallens von beurkundetem Erklärungsgaranten und körperlichem Hersteller echt sein. Entscheidend ist strafrechtlich, wem die Urkunde geistig zuzurechnen ist (Geistigkeitstheorie). Voraussetzung hierfür ist zulässiges Handeln in oder unter fremden Namen. Die Befugnis zur rechtlichen Vertretung des Namensträgers kann sich aus Rechtsgeschäft oder Gesetz ergeben. Die rechtliche Zulässigkeit der Vertretung fehlt hingegen immer dann, wenn das Gesetz die höchstpersönliche Errichtung der Urkunde voraussetzt. Eben aus diesem Grund begeht derjenige (im Beispiel 3 der E), der ein Testament (§ 2247 Abs. 1 BGB) für einen anderen schreibt und unterschreibt, trotz dessen Zustimmung eine Urkundenfälschung.
Rz. 11
Beispiel 4
E will sein Einfamilienhaus nicht an die gesetzlichen Erben S und B, sondern an Neffen N vererben und lässt diesen handschriftlich in seiner Gegenwart und mit seiner Billigung den Text seiner letztwilligen Verfügung schreiben, wonach N als Alleinerbe eingesetzt wird. Sodann unterzeichnet er eigenhändig. Beiden Beteiligten war klar, dass durch diese Verfahrensweise ein formgültiges Testament nicht errich...