1. Ausgangsverfahren
Rz. 30
Ist das Verfahren über die Räumungsfrist Teil des Hauptsacheverfahrens, dann liegt insgesamt nur eine Angelegenheit vor (§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 RVG). Der Anwalt erhält nur die Gebühren nach Nrn. 3100 ff. VV. Der Gebührentatbestand der Nr. 3334 VV ist unanwendbar. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Anwalt für seine Tätigkeit im Verfahren über die Räumungsfrist keine zusätzliche Vergütung erhalten kann.
Rz. 31
Der Streitwertwert des Räumungsantrags bemisst sich nach § 41 Abs. 2 GKG. Maßgebend ist der Jahresmietwert, es sei denn, die streitige Zeit ist geringer (§ 41 Abs. 2 S. 1 GKG). Ist der Vermieter Eigentümer, gilt immer der Jahreswert (§ 41 Abs. 2 S. 2 GKG).
Rz. 32
Der Antrag auf Räumungsfrist hat einen eigenen Wert. Der Sache nach handelt es sich um einen Hilfswiderantrag, den der beklagte Mieter für den Fall stellt, dass dem Räumungsantrag stattgegeben wird (§ 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 GKG). Dieser Wert ist dem Wert des Räumungsantrags hinzuzurechnen, sofern eine Entscheidung hierüber ergeht oder insoweit ein Vergleich geschlossen wird. Es handelt sich um einen eigenen Anspruch auf Stundung, der mit dem Räumungsanspruch nicht identisch ist, sondern dessen Bestand voraussetzt. Insoweit gilt nichts anderes als für andere Stundungsansprüche, wie z.B. im Falle des Zugewinnausgleichs (siehe § 28 Rdn 183). Dem steht auch § 41 Abs. 3 GKG nicht entgegen, wonach der Antrag auf Fortsetzung eines Mietverhältnisses nicht zu einer Werterhöhung führt (§ 41 Abs. 3 GKG). Der Antrag auf Fortsetzung des Mietverhältnisses betrifft – im Gegensatz zum Räumungsfristantrag – das Bestehen des Mietverhältnisses, während der Räumungsfristantrag gerade davon ausgeht, dass das Mietverhältnis beendet ist. Der Wert des Räumungsfristantrags richtet sich nach der auf den begehrten Verlängerungszeitraum entfallenden Nutzungsentschädigung.
Beispiel 9: Räumungsrechtsstreit mit Entscheidung über Räumungsfristantrag
In der mündlichen Verhandlung wird über den Räumungsanspruch verhandelt (Wert: 12 x 1.000,00 EUR) und gleichzeitig hilfsweise die Gewährung einer Räumungsfrist von fünf Monaten beantragt. Das Gericht gibt durch Urteil dem Räumungsantrag statt und entscheidet über die Räumungsfrist.
Da über den Räumungsfristantrag entschieden worden ist, ist der Wert des Stundungsantrags (5.000,00 EUR) dem Wert des Räumungsantrags (12.000,00 EUR) hinzuzurechnen (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG), sodass sich ein Streitwert von insgesamt 17.000,00 EUR ergibt und damit alle Gebühren nach dem Wert von 17.000,00 EUR anfallen.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.001,00 EUR |
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(Wert: 17.000,00 EUR) |
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|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
924,00 EUR |
|
(Wert: 17.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
1.945,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
369,55 EUR |
Gesamt |
|
2.314,55 EUR |
Rz. 33
Beispiel 10: Räumungsrechtsstreit ohne Entscheidung über Räumungsfristantrag
In der mündlichen Verhandlung wird über den Räumungsanspruch verhandelt (Wert: 12 x 1.000,00 EUR) und gleichzeitig hilfsweise die Gewährung einer Räumungsfrist von fünf Monaten beantragt. Das Gericht weist den Räumungsantrag ab, sodass es über den Räumungsfristantrag nicht entscheiden muss.
Hier stellt sich jetzt die Frage, ob im Fall einer Hilfsaufrechnung für den Anwalt auch auf § 45 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 GKG abzustellen ist (so die h.M.) oder ob hier ein abweichender Gegenstandswert gilt, der sich nach dem Auftrag richtet (siehe hierzu § 14 Rdn 32 ff.).
Zutreffender Weise ist ebenso zu rechnen wie im vorherigen Beispiel 9.
Nach h.M. ist somit wie folgt zu rechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
865,80 EUR |
|
(Wert: 12.000,00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
799,20 EUR |
|
(Wert: 12.000,00 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.685,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
320,15 EUR |
Gesamt |
|
2.005,15 EUR |
Rz. 34
Wird der Antrag auf Räumungsfrist gestellt und wird sowohl über den Räumungsanspruch als auch über den Räumungsfristantrag eine Einigung geschlossen, entsteht auch eine Einigungsgebühr.
Beispiel 11: Räumungsrechtsstreit mit Einigung über Räumung und Räumungsfristantrag
In der mündlichen Verhandlung schließen die Parteien einen Vergleich über den Räumungsanspruch (Wert: 12 x 1.000,00 EUR) und den vom Beklagten gestellten Räumungsfristantrag (fünf Monate).
Jetzt entsteht aus dem Gesamtwert zusätzlich auch die 1,0-Einigungsgebühr.
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
|
1.001,00 EUR |
|
(Wert: 17.000,00 EUR) |
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2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV |
|
924,00 EUR |
|
(Wert: 17.000,00 EUR) |
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3. |
1,0-Einigungsgebühr, Nrn. 1000 Nr. 1, 1003 VV |
|
770,00 EUR |
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(Wert: 17.000,00 EUR) |
|
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4. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
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Zwischensumme |
2.715,00 EUR |
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5. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
515,85 EUR |
Gesamt |
|
3.230,85 EUR |
Rz. 35
Wird der Räumungsanspruch anerkannt und wird nur über den Antrag auf Räumungsfrist eine Einigung geschlossen, entsteht die Einigungsgebühr nur aus dem Wert des Rä...