Rz. 7

Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB lautet:

Zitat

"Ist der Eigentümer eines Grundstücks oder sein Aufenthalt nicht festzustellen und besteht ein Bedürfnis, die Vertretung des Eigentümers sicherzustellen, so bestellt der Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dessen oder deren Gebiet sich das Grundstück befindet, auf Antrag der Gemeinde oder eines anderen, der ein berechtigtes Interesse daran hat, einen gesetzlichen Vertreter. Im Falle einer Gemeinschaft wird ein Mitglied der Gemeinschaft zum gesetzlichen Vertreter bestellt. Der Vertreter ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit. § 16 Abs. 3 und 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes findet entsprechende Anwendung. Der Vertreter wird auf Antrag des Eigentümers abberufen. Diese Vorschrift tritt in ihrem räumlichen Anwendungsbereich und für die Dauer ihrer Geltung an die Stelle des § 119 des Flurbereinigungsgesetzes auch, soweit auf diese Bestimmung in anderen Gesetzen verwiesen wird. § 11b des Vermögensgesetzes bleibt unberührt."

 

Rz. 8

Es muss sich um ein Grundstück handeln, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR liegt. Die Bestellung zum gesetzlichen Vertreter erfolgt durch Verwaltungsakt. Eine Verpflichtung zur Amtsübernahme besteht nicht. Eine bereits bestehende BGB-Pflegschaft soll nicht entgegenstehen.[2]

 

Rz. 9

Der Kreis bzw. die Stadt können sich auch selbst bestellen.[3] Gerichte und Behörden sind an die Bestellung gebunden und können nicht deren Voraussetzungen prüfen. Dennoch kann der Eigentümer wirksam Rechtsgeschäfte abschließen. Sollten widersprechende Rechtsgeschäfte von Eigentümer und gesetzlichem Vertreter vorliegen, gilt das zeitlich frühere.[4]

 

Rz. 10

Nach Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB i.V.m. § 16 Abs. 4 VwVfG bestimmt sich die Stellung des gesetzlichen Vertreters unbekannter oder abwesender Eigentümer entsprechend den pflegschaftsrechtlichen Vorschriften. Sie verweisen über § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB umfassend auf das Vormundschaftsrecht.

 

Rz. 11

Danach unterliegt der Vertreter einem Genehmigungsvorbehalt nicht nur bei Verfügungen nach § 1821 BGB, sondern auch in Fällen des § 1822 BGB. Das ursprünglich pflegschafts- und vormundschaftsrechtlich ausgestaltete Vertretungsverhältnis in Art. 233 § 16 Abs. 3 EGBGB a.F. wurde mit der Neuregelung in Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB beibehalten. Die Zuständigkeitsverlagerung für die Bestellung auf den Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt sollte nur die Vormundschaftsgerichte entlasten, nicht aber den Schutz der Eigentümer reduzieren.[5]

 

Rz. 12

Nach der Kommentierung im Palandt, haben

Zitat

"Zwei Jahrzehnte nach der dtschen Wiedervereinigung (...) die Vorschr des Sechsten Teils des EGBGB nur noch geringe praktische Bedeutg, werden aber in Altfällen noch benötigt."[6]

Entgegen der Einschätzung des Palandt, dass die Vorschriften des Sechsten Teils des EGBGB nur noch in Altfällen benötigt werden, dürfte insbesondere Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB eine Renaissance erfahren, da gerade im Land Brandenburg ein verstärktes Bedürfnis nach Bestellung eines Vertreters für den (ehemals) eingetragenen Grundstückseigentümer bestehen dürfte.

 

Rz. 13

Das Land Brandenburg ist in einer Vielzahl von Fällen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, in denen es sich um ein Bodenreformgrundstück handelt. Das Land Brandenburg hatte als bestellter Vertreter gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB die Auflassung an sich selbst erklärt. Das Land Brandenburg regt vermehrt die Anordnung von Abwesenheitspflegschaften an. Es macht regelmäßig geltend, dass es vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH vom 7.12.2007 – V ZR 65/07, aufgrund einer Nichtigkeit der Auflassungserklärung zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurde.

 

Rz. 14

Der nicht mehr eingetragene (Alt-)Eigentümer müsse nun für die notwendige Berichtigung des Grundbuchs seine erneute Eintragung als Eigentümer nach der Grundbuchordnung bewilligen. Zudem müsse der unberechtigte Besitz des Landes schnellstmöglich wieder an den abwesenden Eigentümer übertragen werden. Auch seien Fürsorgemaßnahmen für das Grundstück zu realisieren. So müsse eine Verpachtung des Grundstücks angestrebt werden, die Verkehrssicherung müsse fortgeführt werden und Öffentliche Abgaben seien zu begleichen. Insgesamt ergebe sich daher ein hinreichendes Fürsorgebedürfnis für die Anordnung einer Pflegschaft für den abwesenden Beteiligten.

 

Rz. 15

Nach Ansicht des Amtsgerichts Bernau,[7] dem Landgericht Frankfurt (Oder)[8] und dem BGH[9] steht dem Land Brandenburg nach Ablehnung der Anordnung einer Abwesenheitspflegschaft keine Beschwerdeberechtigung zu.

Der BGH hat in seiner Entscheidung ausgeführt:

Zitat

"Letztlich reduziert sich das Begehren des Beteiligten auf das – nachvollziehbare – Interesse, die entstandene Situation wieder zu bereinigen. Hierfür ergibt sich aber schon nicht, dass gegenüber einem zu bestellenden Pfleger Rechte geltend gemacht werden müssen. Maßgeblich ist der Fortbestand der besonderen Vorschrift des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB, wonach der Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt für den unbek...

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