Rz. 43
Hat der Erblasser überhaupt keine Regelung getroffen, so haben gewohnheitsrechtlich die nächsten Familienangehörigen das Recht der Totenfürsorge; hieraus wird dann die Bestattungspflicht abgeleitet. Die Bestattungspflicht umfasst jedoch nicht die Entscheidungsbefugnis über die längerfristige Grabpflege. Besteht hier Uneinigkeit, kann sich aus Treu und Glauben das Recht ergeben, über den Grabnutzungsberechtigten z.B. ein Gesteck auf das Grab legen zu lassen. Der Grabnutzungsberechtigte hat dann das Recht, zu prüfen, ob das Gesteck mit dem übrigen Grabschmuck vereinbar ist, und dieses, wenn es verwelkt oder unansehnlich geworden ist, nach einem angemessenen Zeitraum vom Grab zu entfernen.
Allein die Übertragung des Grabnutzungsrechts führt noch nicht dazu, dass ein Angehöriger totenfürsorgeberechtigt wird.
Andersherum ist der Totenfürsorgeberechtigte berechtigt, das Erscheinungsbild der Grabstätte zu bestimmen. Das Totenfürsorgerecht begründet ein Recht auf Beseitigung und Unterlassung unzulässiger Veränderungen an der Grabstätte entsprechend § 1004 BGB, hervorgerufen durch Ablegen von Gegenständen wie Kerzen, Messingrosen, Topfschalen etc. an einem Baumgrab.
Sind die Regelungen, die der Erblasser getroffen hat, widersprüchlich, steht dem vorrangig Totenfürsorgeberechtigten ein durch den Erblasserwunsch vorgegebener Entscheidungsrahmen zu, innerhalb dessen der vorrangig Bestattungsberechtigte einen erheblichen Ermessens- und Beurteilungsspielraum hat.
Eine Rechtsgrundlage zur gerichtlichen Übertragung der Totenfürsorge auf andere Personen als die nach gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen festgelegten gibt es nicht.
Rz. 44
Es gelten die Bestattungsanordnungen des vorrangig Bestattungspflichtigen. Aus den öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Bestattungspflicht kann ermittelt werden, wem die Berechtigung zur Totenfürsorge zusteht. Dabei wurde früher das 1934 erlassene Gesetz über die Feuerbestattung zugrunde gelegt. Inzwischen sind in allen Bundesländern Landesgesetze zum Bestattungsrecht ergangen, in denen die Bestattungspflicht geregelt ist, so dass heute von den jeweiligen Landesregelungen auszugehen ist. Nur wenn sich in den einzelnen Landesbestattungsgesetzen Lücken finden, ist auf das Feuerbestattungsgesetz zurückzugreifen.
Rz. 45
Totenfürsorgeberechtigt ist, wenn mehrere Angehörige vorhanden sind, zunächst der Ehegatte bzw. der Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, dann die – auch minderjährigen – Kinder, schließlich Eltern und Geschwister des Erblassers.
Allerdings gibt es auch Bundesländer, die den Lebensgefährten – obwohl ohne familienrechtliche Stellung – mit zu den Totenfürsorgeberechtigten zählen. In einigen Landesgesetzen bleibt dieser aber noch immer außen vor. Daher sollte, um das Bestimmungsrecht klarzustellen, in einer Vorsorgevollmacht das Totenfürsorgerecht dem nichtehelichen Lebensgefährten ausdrücklich zugewiesen werden.
Der Kreis der Bestimmungsberechtigten ist bewusst eng gezogen, um eventuell auftretende sachfremde Erwägungen dem Verstorbenen nicht so nahestehender Personen (z.B. Kostengesichtspunkte) auszuschließen.
Nichten und Neffen sollen angesichts des entfernteren Verwandtschaftsgrades und der damit einhergehenden geringeren Nähe zum Verstorbenen nicht zum Kreis der Bestattungsberechtigten gehören. Es wird hierbei jedoch auch immer auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen sein.
Rz. 46
Die familienrechtlichen Bindungen der Angehörigen untereinander verpflichten diese, einer den Wünschen des Erblassers entsprechenden beabsichtigten Maßnahme zuzustimmen. Sind mehrere gleichrangig Berechtigte vorhanden, so ist die Einwilligung aller zu den vorgesehenen Anordnungen erforderlich.
Rz. 47
Wie in dem Fall, dass sich die gleichrangig Berechtigten nicht einigen, weiter zu verfahren ist, ist aus dem jeweiligen Landesbestattungsgesetz zu ermitteln. Häufig ist bei Uneinigkeit der Berechtigten die zuständige Behörde zur Entscheidung berufen, nicht jedoch, wenn sich die Hinterbliebenen nicht über die Rangfolge des Rechts der Totenfürsorge einig sind. Hier kann die Ordnungsbehörde nicht auf (vorläufige) Maßnahmen zur Sicherung des Bestimmungsrechts in Anspruch genommen werden. Die Berechtigten haben den Streit vor den Zivilgerichten auszutragen, anschließend kann dann u.U. die Umsetzung der Urne beantragt werden. Ein vorrangig Totenfürsorgeberechtigter kann nicht gegen den Willen eines nachrangig Berechtigten unzulässige Maßnahmen ergreifen. Als Teil der Achtung vor dem Verstorbenen ist auch das Gedenken der nächsten Angehörigen zu respektieren, selbst wenn der Totenfürsorgeberechtigte mit ihnen andere Streitigkeiten austrägt.
Rz. 48
Sind andere Personen als die nächsten Angehörigen zu Erben eingesetzt, so liegt die Vermutung nahe, dass die Erben auch das Recht zur Totenfürsorge haben sollen. Wird im Einvernehmen mit den Angehörigen eine gemeinnützige Organisation z...