I. Keine Veräußerung
Rz. 9
Das Vorliegen einer (voll) entgeltlichen Veräußerung schließt eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen aus. Nach dem Willen der Beteiligten muss der Übernehmer wenigstens teilweise eine unentgeltliche Zuwendung erhalten, damit es sich um eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen handeln kann. Wird Vermögen auf Angehörige übertragen, besteht eine widerlegbare Vermutung dahingehend, dass die wiederkehrenden Leistungen unabhängig vom Wert des übertragenen Vermögens nach den Versorgungsbedürfnissen des Übergebers und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Übernehmers bemessen worden sind. Es wird folglich eine Übertragung gegen Versorgungsleistungen widerlegbar vermutet.
Rz. 10
Wird dagegen lediglich ein fremdüblicher Kaufpreis verrentet, liegt eine (voll-)entgeltliche Veräußerung vor; eine Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen ist insoweit ausgeschlossen. Entgeltlich in diesem Sinne ist eine Vereinbarung, bei der Leistung und Gegenleistung nach kaufmännischen Gesichtspunkten von den Vertragspartnern abgewogen wurden und sie subjektiv von einer Gleichwertigkeit der Leistungen ausgingen. In einem solchen Fall schadet es nicht, wenn Leistung und Gegenleistung objektiv betrachtet nicht gleichwertig sind. Bei Übertragungen zwischen fremden Dritten wird die Entgeltlichkeit der Vermögensübergabe widerlegbar vermutet.
Rz. 11
§ 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG findet bei einer entgeltlichen Veräußerung keine Anwendung. Es handelt sich vielmehr um eine (teil-)entgeltliche Veräußerung an den Übernehmer mit der Folge, dass bei steuerverstrickten Gegenständen (z.B. Veräußerung von GmbH-Anteilen von mindestens 1 % gemäß § 17 EStG, siehe dazu § 5 Rdn 375 ff.) steuerbare Veräußerungserlöse erzielt werden.
Rz. 12
Praxistipp
Soll es bei der Vermögensübertragung nicht zu einer steuerpflichtigen Veräußerung und der damit verbundenen Aufdeckung der stillen Reserven kommen, ist eine Übertragung gegen Versorgungsleistungen zu empfehlen.
Rz. 13
Hinweis
Scheidet eine Übertragung gegen Versorgungsleistungen aus, weil kein begünstigtes Vermögen übertragen wird (vgl. Rdn 19), die wiederkehrenden Leistungen nicht auf Lebenszeit vereinbart sind (vgl. Rdn 42) oder das übertragene Vermögen nicht ausreichend ertragbringend ist, liegt grds. eine (teil-)entgeltliche Übertragung vor und keine Unterhaltsleistungen nach § 12 Nr. 2 EStG.
Rz. 14
Folgen einer entgeltlichen Übertragung sind: Der Barwert der wiederkehrenden Leistungen, der nach §§ 12 ff. BewG oder nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen ist, stellt bezogen auf den Tilgungsanteil den Veräußerungspreis für den Übergeber und die Anschaffungskosten für den Übernehmer dar. Der Zinsanteil ist bei dem Übernehmer nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn das erworbene Vermögen der Erzielung von Einkünften dient und kein Werbungskostenabzugsverbot (§ 20 Abs. 9 EStG) eingreift. Der Übergeber muss einen Veräußerungserlös evtl. nach den Regeln der §§ 17, 20 Abs. 2, 23 EStG versteuern (vgl. oben § 5 Rdn 348, 375). Den Zinsanteil hat der Übergeber als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.
Rz. 15
Neben Versorgungsleistungen und einer Veräußerung gegen Kaufpreisrente kommt auch das Vorliegen von steuerlich unbeachtlichen Unterhaltsleistungen i.S.v. § 12 Nr. 2 EStG in Betracht.
II. Empfänger des Vermögens
Rz. 16
Vermögensempfänger können die Abkömmlinge des Übergebers und seine gesetzlich erbberechtigten entfernteren Verwandte sein. Ausnahmsweise können auch nahestehende Dritte (z.B. Neffe, Schwiegerkinder) oder fremde Dritte Vermögensempfänger sein, wenn z.B. der Empfänger aufgrund besonderer persönlicher Beziehungen zum Übergeber ein persönliches Interesse an dessen lebenslanger angemessenen Versorgung hat oder die Vertragsbedingungen allein nach dem Versorgungsbedürfnis des Übergebers und der Leistungsfähigkeit des Übernehmers vereinbart wurden.
III. Übertragung einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit
Rz. 17
Das übertragene Vermögen muss dem Grunde nach geeignet sein, Gegenstand einer Übertragung gegen Versorgungsleistungen zu sein. Außerdem muss dieser Vermögensgegenstand ausreichend ertragbringend sein, um die Versorgung des Übergebers aus dem übernommenen Vermögen zumindest teilweise zu sichern. Als ausreichend ertragbringend ist ein Vermögen anzusehen, bei dem die wiederkehrenden Leistungen bei überschlägiger Betrachtung nicht höher sind als der langfristig erzielbare Ertrag aus dem übergebenen Vermögen.
Rz. 18
Gegenüber dem alten Recht wird der Anwendungsbereich der Versorgungsleistungen deutlich eingeschränkt, in dem nur noch Übertragungen eines Betriebes...