Dr. Thilo Klingbeil, Dr. iur. Simon Kohm
Rz. 63
Ein Zusammenschluss liegt gem. § 37 GWB vor, wenn das Vermögen eines Unternehmens ganz oder teilweise erworben wird (Vermögenserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 1 GWB).
Ein Zusammenschluss kann auch durch Erwerb der unmittelbaren oder mittelbaren Kontrolle durch ein oder mehrere Unternehmen über die Gesamtheit oder Teile eines oder mehrerer anderer Unternehmen erfolgen; die Kontrolle kann durch Rechte oder Verträge oder andere Mittel begründet werden, die einzeln oder zusammen unter Berücksichtigung aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände die Möglichkeit gewähren, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines Unternehmens auszuüben (Kontrollerwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB). Kontrolle meint einen Einfluss, mit dem die strategischen Entscheidungen der Geschäftspolitik oder die Besetzung der Geschäftsführungsorgane bestimmt werden kann, was insbesondere durch Konzernbildungs- und Konzernerweiterungsverträge, Betriebsführungs- und Gewinnabführungsverträge sowie Betriebsverpachtungs- oder Überlassungsverträge erfolgen kann. Bei Aktiengesellschaften ist ein Kontrollerwerb auch schon dann möglich, wenn der Erwerber zwar weniger als 50 % der Anteile erwirbt, aber der Stimmrechtserwerb gemessen an den Präsenzen der letzten drei Hauptversammlungen dazu führt, dass Hauptversammlungsbeschlüsse durchgesetzt werden können. Die Kontrolle kann auch durch mehrere Unternehmen ausgeübt werden; ausreichend ist, wenn die Unternehmen durch eine gemeinsame Unternehmenspolitik ihre Interessen im Verhältnis zueinander und in Bezug auf das beherrschte Unternehmen abstimmen und durchsetzen können. Zu den kontrollierenden Unternehmen ist damit jedes Unternehmen zu zählen, dessen Stimmen benötigt werden, um die erforderliche Mehrheit für wichtige Entscheidungen zu erlangen.
Ein Zusammenschluss ist weiter gegeben, wenn durch Anteilserwerb 25 % oder 50 % des Kapitals oder der Stimmrechte erreicht werden (Anteilserwerb nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB). Bei der Berechnung der Anteilsschwelle zählen auch sonstige, beim Erwerber bereits vorhandene Anteile hinzu, selbst wenn diese von einem Dritten für Rechnung des Erwerbers gehalten werden. Erwerben mehrere Unternehmen Anteile an einem Unternehmen in der genannten Höhe, so ist dies nicht nur hinsichtlich des erworbenen Unternehmens ein Anteilserwerb, sondern auch ein Zusammenschluss der Erwerber untereinander auf dem betroffenen Markt des erworbenen Unternehmens (Gemeinschaftsunternehmen; § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 3 GWB).
Schließlich handelt es sich um einen Zusammenschluss, wenn eine sonstige Verbindung von Unternehmen geschaffen wird, aufgrund derer ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen wettbewerblich erheblichen Einfluss auf das Zielunternehmen ausüben können (wettbewerblich erheblicher Einfluss nach § 37 Abs. 1 Nr. 4 GWB). Das erfasst die Fälle einer gesellschaftsrechtlich vermittelten Unternehmensverbindung; rein wirtschaftliche Abhängigkeiten zählen nicht dazu.
Wird nach einem früheren Erstzusammenschluss durch weiteren Erwerb ein Zweitzusammenschluss herbeigeführt, ist dieser fusionskontrollfrei, wenn es nicht mehr zu einer wesentlichen Verstärkung der Unternehmensverbindung kommt (§ 37 Abs. 2 GWB). Diese Ausnahme haben die Zusammenschlussbeteiligten nachzuweisen.
Konzerninterne Umstrukturierungen stellen keinen Zusammenschluss dar. Keine Anmeldung ist erforderlich, wenn Banken oder Versicherungsunternehmen zum Zwecke der Weiterveräußerung Anteile erwerben, ihr Stimmrecht nicht ausüben und der Weiterverkauf innerhalb eines Jahres erfolgt (§ 37 Abs. 3 GWB). Hat der Zusammenschluss keine Inlandsauswirkungen i.S.v. § 130 Abs. 2 GWB, besteht ebenfalls keine Anmeldepflicht.