Dr. Peter Niggemann, Dr. Martin Buntscheck
Rz. 247
Das deutsche Fusionskontrollverfahren ist weniger formal ausgestaltet als das EU-Verfahren.
a) Anmeldezeitpunkt
Rz. 248
Auch in der deutschen Fusionskontrolle gibt es keine Anmeldefrist. Eine Anmeldung kann erfolgen, sobald das Zusammenschlussvorhaben "anmeldefähig" ist. Dafür ist nicht erforderlich, dass bereits unterschriebene Verträge etc. vorliegen. Ein Zusammenschlussvorhaben ist vielmehr anmeldefähig, sobald eine "hinreichend konkrete Absicht" besteht, das Zusammenschlussvorhaben durchzuführen. Darüber hinaus muss der Vollzug des Zusammenschlusses in absehbarer Zeit, jedenfalls aber innerhalb des sog. "Prognosezeitraums" vorgesehen sein. Die Dauer des Prognosezeitraums kann variieren, je nachdem, ob die betroffenen Märkte sich dynamisch entwickeln oder eher statischen Charakter haben. I.d.R. wird der Prognosezeitraum bei höchstens 3–5 Jahren liegen. Reine "Vorratsanmeldungen" sind daher nicht zulässig.
b) Anmeldende Unternehmen
Rz. 249
Zur Anmeldung verpflichtet sind gem. § 39 Abs. 2 GWB die "am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen", in den Fällen des § 37 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GWB (Vermögenserwerb und Anteilserwerb) "auch der Veräußerer".
Hinweis
In der Praxis reicht es aus, wenn eines dieser Unternehmen das Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt anmeldet. Regelmäßig wird das der Erwerber sein, der dann auch die Kosten des Verfahrens trägt. Wird der Zusammenschluss auf Anmeldung des Erwerbers hin freigegeben, ist das Vollzugsverbot des § 41 Abs. 1 GWB erloschen; der Zusammenschluss kann vollzogen werden.
c) Inhalt der Anmeldung
Rz. 250
Die Anmeldung eines Zusammenschlusses erfolgt formlos durch einfachen Brief an das Bundeskartellamt. Ein verbindliches Formblatt wie in der EU-Fusionskontrolle (und den meisten anderen nationalen Fusionskontrollordnungen) gibt es nicht.
Rz. 251
Die Anmeldung muss gem. § 39 Abs. 3 GWB allerdings gewisse Mindestangaben enthalten, um vollständig zu sein. Dazu gehören die Angabe der Form des Zusammenschlusses sowie für jedes beteiligte Unternehmen die folgenden Informationen:
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Firma bzw. sonstige Bezeichnung und Sitz bzw. Ort der Niederlassung, |
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Art des Geschäftsbetriebs, |
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Umsatzerlöse im letzten abgeschlossenen Geschäftsjahr weltweit, innerhalb der EU und in Deutschland |
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sofern sich die Anmeldepflicht aus § 35 Abs. 1a GWB ergibt (Anmeldepflicht aufgrund des Kaufpreises) zusätzlich der Wert der Gegenleistung einschließlich der Grundlagen für seine Berechnung sowie Angaben zu Art und Umfang der Tätigkeit in Deutschland, |
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Inlandsmarktanteile sowie die Grundlage für ihre Berechnung, sofern sie für alle beteiligten Unternehmen zusammen mindestens 20 % betragen, |
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beim Anteilserwerb die Höhe der erworbenen und der insgesamt am Zielunternehmen gehaltenen Anteile, |
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eine zustellungsbevollmächtigte Person in Deutschland, sofern das beteiligte Unternehmen seinen Sitz außerhalb Deutschlands hat. |
Die Angaben zu Firma/Sitz und zur zustellungsbevollmächtigten Person in Deutschland sind im Fall des Anteils- und/oder Vermögenserwerbs auch für den Verkäufer zu machen, obwohl dieser grds. kein "beteiligtes Unternehmen" ist.
d) Zuständige Kartellbehörde
Rz. 252
Zuständige Behörde im Bereich der deutschen Fusionskontrolle ist grds. das Bundeskartellamt. Das ergibt sich unmittelbar aus den Regelungen der §§ 35 ff. GWB. Die Landeskartellbehörden haben im Bereich der Fusionskontrolle keine Zuständigkeit. Ihnen muss das Bundeskartellamt vor Erlass einer Untersagungsverfügung lediglich Gelegenheit zur Stellungnahme geben (§ 40 Abs. 4 GWB).
Rz. 253
Ausnahmsweise ist gem. § 42 GWB – i.R.d. sog. "Ministererlaubnis" – auch der Bundeswirtschaftsminister in Fusionskontrollfragen zuständig.
e) "Erste Phase"
Rz. 254
Das Fusionskontrollverfahren beginnt mit Eingang der vollständigen Anmeldung beim Bundeskartellamt.
Das Bundeskartellamt veröffentlicht auf seiner Homepage (www.bundeskartellamt.de) regelmäßig eine Liste der neu angemeldeten Zusammenschlussvorhaben. In dieser Liste werden die Namen der beteiligten Unternehmen, das Datum der Anmeldung sowie die von dem Zusammenschluss voraussichtlich betroffenen Märkte angegeben. Einzelheiten der Anmeldung werden nicht veröffentlicht.
Nach Eingang der vollständigen Anmeldung hat das Bundeskartellamt gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 GWB einen Monat Zeit zu entscheiden, ob es in eine vertiefte Prüfung des Zusammenschlusses (sog. "Hauptprüfverfahren") eintreten möchte. Tritt das Bundeskartellamt innerhalb dieser Frist nicht in das Hauptprüfverfahren ein, gilt der Zusammenschluss als freigegeben. In der Praxis kommt dieser Fall praktisch nie vor. Das Bundeskartellamt wird das anmeldende Unternehmen üblicherweise mit formlosem Schreiben ("Freigabebescheid") darüber informieren, dass der angemeldete Zusammenschluss nicht die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 ...